Gottesdienst am 05.04.2020


Andacht für den Palmsonntag, 05.04.2020
Pfarrerin Irene Maier


Wochenspruch: "Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben."
Joh 3,14b.15
Predigttext: Markus 14,-93

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Liebe Gemeinde,

„Das zieh ich jetzt durch, egal, was die andern davon denken!“
Die Frau aus dem Evangelium war überzeugt, dass das, was sie vorhat, das Richtige ist, auch wenn andere, es ablehnten.
In eine Männergesellschaft während des Abendessens hineinzuplatzen, das gehörte sich nicht. Trotzdem, sie musste es tun, es war genau jetzt dran. Schließlich war nicht mehr viel Zeit. Sie ahnte, dass Jesus nicht mehr lange da sein wird, ja sie muss es wohl in besonderer Weise gespürt haben, dass er einen schweren, bitteren Weg vor sich hatte. Aufschieben war nicht mehr möglich. Jetzt war es dran, Jesus die größtmögliche Zuwendung zu schenken, koste es, was es wolle.
Ich bewundere diese Frau. Wüsste ich doch auch immer so genau und so überzeugt, wie sie, was zu tun ist. Gerade in diesen Tagen bin ich oft hin- und hergerissen.
Wie gerne würde ich die kranke Nachbarin besuchen oder die Freundin im Krankenhaus, von der ich weiß, dass sie ein Besuch von mir aufbauen würde.
Wie gerne würde ich das schon lange geplante Treffen mit guten Freunden und Freundinnen wahrnehmen.
Auch drängt es mich, meine Mutter in den Arm zu nehmen, die allein zuhause ist und erst kürzlich nach vielen Ehejahren von ihrem Mann hat Abschied nehmen müssen.
Besuche sind für mich als Pfarrerin ein besonders wichtiger Dienst.
Ja das alles wäre jetzt dran, doch in Corona-Zeiten nicht möglich, weil es mein und das Leben anderer gefährden würde. Es ist wichtig und notwendig, dass wir uns alle an die Einschränkungen halten.
Durch die staatlichen Maßnahmen ist genau geregelt, was ich zu tun und zu lassen habe, dennoch leben wir besonders jetzt in der Spannung etwas zu tun, was der körperlichen Gesundheit dient, aber zugleich das seelische Wohl gefährden könnte.
Schauen wir noch einmal auf das, was die Frau im Evangelium getan hat. Sie hat geahnt, was Jesus bevorsteht und hat ihn für seinen Weg gestärkt. Sie hat dafür keine Kosten und Mühen gescheut und hat getan, was für sie möglich war. Entscheidend ist nicht die Art und Weise, wie sie Jesus ihre Liebe und Wertschätzung gezeigt hat, entscheidend ist, dass sie auf ihr Herz gehört hat, dass sie mitgefühlt und erspürt hat, was Jesus auf seinem letzten Weg stärken und helfen kann.
Was heißt das nun für uns heute in dieser ganz außergewöhnlichen Zeit? Was heißt das, wenn wir uns am Vorbild dieser Frau orientieren, die Jesus am Ende für ihr Handeln lobt, ja sogar verewigen will?
Auch für uns kommt es darauf an, zu erkennen, was wirklich dran ist, was getan werden kann und nicht aufgeschoben werden muss, besonders im Blick auf die schwächsten Glieder in unserer Gesellschaft.
Viele gewohnte Wege, Nächstenliebe zu praktizieren, sind in Corona-Zeiten nicht möglich. Daher gilt es andere, neue Möglichkeiten zu finden, Zuwendung auszudrücken und etwas zur Mitmenschlichkeit beizutragen.
Die modernen, digitalen Medien sind dabei eine große Hilfe: so kann der Click am Computer schon ein erster Schritt zum andern sein. So kann ich ihm zeigen, dass ich mich für sein Leben und Leiden interessiere. Oder schicken wir doch mal eine WhatsApp-Nachricht an jemanden, der in unserer Chatliste ganz unten steht, schreiben wir mal wieder einen Brief oder greifen wir zum Telefonhörer… Es gibt viele Möglichkeiten in Kontakt zu treten.
Auch das Denken aneinander gehört dazu und das Gebet füreinander, besonders für die, die sich Tag für Tag immenser Gefahr aussetzen, weil sie sich in den Heimen und Krankenhäusern um Menschen kümmern und für sie sorgen. Eine Bekannte hat mir geschrieben, dass sie für eine Sozialstation Mundschutzmasken näht. Einkäufe für ältere Menschen werden übernommen und vieles mehr.
Solange wir gemeinsam weiter nach solchen Möglichkeiten ringen und suchen, solange wir der großen Sehnsucht in uns Raum geben, Liebe und Gemeinschaft zu leben, selbst unter erschwerten Bedingungen, gehen wir einen Weg, den auch diese Frau gegangen ist.
Auf diesem Weg sind wir nicht allein. Jesus steht uns mit seiner Kraft und Hilfe zur Seite. Ihm dürfen wir uns im Gebet jederzeit anvertrauen und um die Hilfe und Stärke bitten, die diese namenlose Frau angetrieben hat: die Stärke zu tun, was zu tun oder auch zu lassen ist, um Leben zu schützen und zu bewahren.
Diese Stärke schenke Gott uns allen.
Amen
Pfarrerin Irene Maier



Gebet

 

Mitleidender, helfender Gott,
wir bitten dich um Mut, Phantasie und Zuversicht in dieser schweren Zeit.
Schenke deinen Beistand vor allem den Kranken und Besorgten, den Verunsicherten und Einsamen.
Stärke alle, die nicht müde werden, anderen beizustehen: die Ärztinnen und Pfleger, Rettungskräfte und Arzthelferinnen.
Wir bitten dich für die Verantwortlichen in Gesundheitsämtern und Einrichtungen, in Politik und Wirtschaft.
Gib Weisheit und Verstand den Wissenschaftlern, die auf der Suche nach Heilmitteln und Impfstoffen sind.
Lass uns die nicht vergessen, an die kaum jemand denkt – jetzt in der Zeit der Epidemie: die Menschen auf der Straße, die Armen, die Geflüchteten in den Lagern in Griechenland und im türkisch-griechischen Grenzgebiet.
In aller Not, hilf uns Gott, zu sehen, was wirklich trägt, was uns am Boden hält und uns mit dem Himmel verbindet, mit dir Gott.
Für uns alle bitten wir dich: stärke unser Vertrauen, dass du dich um jeden und jede von uns sorgst und niemanden verlässt.

Amen.

 

Bleiben Sie behütet
Ihre Pfarrerin Irene Maier und Ihr Pfarrer Jochen Maier

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