Gottesdienste Januar - April 2023


 

Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für Sonntag Misericordias Domini, den 23. April 2023
Pfarrerin Irene Maier

 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
„Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“
(Joh 10,11a.27-28a)

 

Liebe Gemeinde,

"Manuel Neuer ist echt klasse", sagt der kleine Junge. "Wie der die Bälle abwehrt und sich schmeißt, das sind einfach klasse Paraden. So ein super Torwart wär' ich auch gerne. "
Stolz zeigt er seine Manuel Neuer Aufkleber auf seinem Schulranzen. Dann meint er noch: "Wenn ich genügend zusammengespart hab', dann kauf ich mir ein echtes Neuer-Trikot."
Nun liebe Gemeinde, auch wenn er zur Zeit nicht mehr auf einem so hohen Sockel steht, für fußballbegeisterte Jungs ist Manuel Neuer nach wie vor ein Vorbild. Und Vorbilder gibt’s nicht nur im Sport, sie spielen in vielen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle.
Die Frage ist nur, bei welchem Vorbild es sich wirklich lohnt, ihm nachzueifern. Es gibt ja auch Vorbilder und Idole, die in eine Sackgasse führen.
Ein Vorbild stellt uns auch der heutige Predigttext vor Augen. Er steht im 1.Petrusbrief im 2. Kapitel.
Ich lese den Text in der Übersetzung der Basisbibel:
21 Christus hat für euch gelitten. Christus hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.             
22 Er hat keine Sünden begangen und keine Lüge kam aus seinem Mund.                                                              
23 Er wurde beschimpft, aber er gab es nicht zurück. Er litt, aber er drohte nicht mit Vergeltung. Vielmehr übergab er seine Sache dem gerechten Richter.         
24 Christus selbst hat unsere Sünden mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Holz. Dadurch sind wir für die Sünde tot und können für die Gerechtigkeit leben.  Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden.             
25 Ihr wart wie Schafe, die sich verirrt hatten. Aber jetzt seid ihr zurückgekehrt zu eurem Hirten, der euch beschützt.

 

Nun, hier wird uns kein strahlender Held, sondern der leidende und am Kreuz sterbende Christus als Vorbild gegeben. An ihm sollen wir uns orientieren und unser Leben ausrichten. Seinen Fußstapfen sollen wir folgen.
Was aber heißt das, wenn wir uns immer wieder den leidenden Christus vor Augen halten sollen?
Folgende Geschichte zeigt uns das ganz eindrucksvoll:
Rebekka ging mit ihrer Großmutter spazieren. Es war ein sonniger Frühlingstag. Rebekka hüpfte und sprang hin und her. Die Großmutter lächelte, hatte aber Mühe ihr zu folgen. Springen konnte sie schon lange nicht mehr, ihr Herz war schon sehr geschwächt.
Rebekka hatte eine Idee. Sie wollte Schlüsselblumen pflücken. "Hinten am Steinbruch da gibt‘s doch immer ziemlich viele! Komm' Oma, da gehen wir hin!" Die Großmutter schnaufte als sie endlich dort ankam.
Rebekka hatte bereits einige Blumen gepflückt. Sie war begeistert: "Schau Oma, dort unten, da sind besonders Schöne!" "Aber pass' auf...!"
Der Warnruf kam zu spät. Rebekka rutschte ab. Sie konnte sich gerade noch an einem alten Baumstumpf festhalten. Zitternd streckte die Großmutter ihren Stock dem Mädchen entgegen. Sie hielt sich daran fest und konnte sich mit aller Kraft daran hochziehen. Die alte Frau musste alle ihre Kräfte einsetzen, um auf den Beinen zu bleiben und den Stock in den geballten Fäusten zu behalten. Gott sei Dank, sie haben‘s geschafft.
Mit weichen Knien lief Rebekka an der Hand ihrer Großmutter nach Hause. Daheim angekommen musste sich die Großmutter erst einmal hinlegen. Das alles war doch zu viel für sie, zu anstrengend, zu aufregend. Sie bekam einen heftigen Herzanfall, den sie nicht überlebte. Sehr betrübt nahm die ganze Familie Abschied.
Bald danach wollten die Angehörigen das, was der Großmutter gehört hatte wegräumen, hergeben, verschenken. Rebekka hat das mitbekommen. Mit ernster Miene sagte sie auf einmal, "werft den Stock ja nicht weg, der gehört mir! Damit hat Oma mein Leben gerettet, ihres hat sie dabei verloren! Solange ich lebe, will ich den Stecken bei mir haben als Zeichen dafür, dass sie mich so lieb hatte!"
Soweit diese Geschichte. Ein Stückchen Holz war für Rebekka äußerst wichtig geworden. Es hat sie daran erinnert, dass sie ihrer Großmutter so unendlich wertvoll war. Genauso will uns Christen das Kreuz daran erinnern, wie groß Gottes Liebe zu uns Menschen ist. Gott hat alles eingesetzt, alles drangegeben um unser Leben zu retten und zu bewahren.
Das heißt doch, wenn wir uns diese Liebe zum Vorbild nehmen und versuchen, ihr nachzueifern, werden wir eben in keiner Sackgasse landen, sondern Leben haben, das seit Ostern keine Grenze mehr kennt.
Bei seinem Wirken auf Erden hat Jesus diese Liebe ganz konkret vorgelebt, er hat sich unermüdlich für das Leben der Menschen eingesetzt.
Er hat Menschen immer wieder ermutigt, neue Wege zu gehen, Wege, die herausführen aus Isolation und Einsamkeit. Selbst als er Menschen begegnet ist, deren Leben ganz durcheinandergeraten war, das regelrecht verpfuscht war, da hat er so mit ihnen gesprochen, dass sie wieder aufatmen konnten, dass sie wieder Zukunft gesehen haben, ohne dass er das Vergangene einfach gut geheißen hätte.
Den Spuren seiner Liebe folgen, damit sollen auch wir heute ernst machen.
Doch schaffen wir das überhaupt?
Wann setzen wir uns für andere ein, wie das die Großmutter für ihre Enkelin getan hat? Wann denken wir nicht zuerst an uns selber? Wie gelingt es uns, die zu achten, die uns ganz und gar unsympathisch sind? Was ist, wenn ich mich bemühe, aber doch versage? Wenn ich das Gefühl habe, da schiebt sich so viel anderes in den Vordergrund und es bleibt mir einfach nicht genügend Zeit, meine Freunde zu begleiten, die gerade in einer Krise stecken?
Selbst und gerade dann gilt: Gott steht uns als guter Hirte zur Seite. Er weiß, dass wir nie zu Superchristen werden. Dem Vorbild Jesu Christi werden nie ganz gleich.
Was wir aber tun können: Wir können uns immer neu an Jesus orientieren und ausrichten. Wir können an uns arbeiten und die Pfade überdenken, in denen wir uns bewegen.
Wir dürfen uns immer neu hinwenden zu Jesus unseren guten Hirten, der uns hilft, ermutigt und Geborgenheit schenkt. Es tut gut, diesen guten Hirten bei uns zu wissen.
Der Apostel Petrus weiß das am allerbesten. Petrus wird das wohl nie vergessen haben, wie Jesus ihm selbst als der gute Hirte begegnet ist. Damals am See Genezareth, als alles zuende schien und Petrus sich nur noch geschämt hat, sich selbst mit Vorwürfen überhäuft hat, weil er Jesus dreimal verleugnet hat, als es darauf ankam. Aber Jesus hat ihm keine Standpauke gehalten, hat ihm nichts nachgetragen, er hat ihn nicht bestraft, sondern aufgerichtet. Jesus hat Petrus auf eine neue Spur gesetzt. Trotz allen Scheiterns hat er ihn nicht aufgegeben. „Weide meine Lämmer!“, sagte Jesus zu ihm. Soviel wie: „Ich kann dich nach wie vor gut gebrauchen, vor dir liegen noch zig Möglichkeiten, bei denen du in meine Fußspuren treten kannst!“ Ganz bestimmt hat Petrus auch später noch manches falsch gemacht. Aber immer hat er diesen guten Hirten an der Seite gewusst, der ihn niemals fallen lässt, der ihn immer wieder neu den Weg ins Leben zeigt.
Machen wir es doch wie Petrus und folgen wir seiner, ja Jesu Spur. Wir werden ganz bestimmt nicht ins Leere gehen, sondern sogar selbst für andere zum Vorbild werden.
Im Lied, das wir gleich singen, heißt es:
Wo ein Mensch sich selbst verschenkt und den alten Weg verlässt, fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Wüsten Gärten macht.
Dazu helfe uns Gott, dass wir uns immer wieder selbst verschenken und dabei zum Vorbild werden.
 
Amen
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für Ostersonntag, 09. April 2023
Pfarrer Jochen Maier

 
Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von
Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle."  Offb 1,18
Predigttext: Lukas 24,13-35
Mit Bildbetrachtung: „Christus in Emmaus“ K.Schmidt-Rottluf, Evangelisches Gesangbuch; S. 202)
 
„Und siehe, zwei von den Jüngern gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa sechzig Stadien entfernt; dessen Name ist Emmaus.
Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten.
Und es geschah, als sie so redeten und einander fragten, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen.
Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.
Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen.
Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist?
Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist.
Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe.
Und einige von denen, die mit uns waren, gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!
Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war.
Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen.
Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen.
Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.
Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren;
die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen.
Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, da er das Brot brach.“


Liebe Gemeinde,
 
das war alles andere als ein fröhlicher Osterspaziergang, den die beiden Jünger da unternommen haben. Nicht so, wie wir es vielleicht heute Nachmittag vorhaben, wenn das Wetter mitspielt, hinaus in die frühlingshaft erwachende Natur.
Nein, die beiden Jünger, von denen wir ja nur von einem den Namen kennen, nämlich Kleopas, die hatten keine Augen für den Frühling, für die erblühende Natur, für das Zwitschern der Vögel und die spielenden Kinder. Die waren in Gedanken weit weg. Sie waren auf dem Weg nach Emmaus, einem kleinen Dorf knapp 12 km von Jerusalem entfernt. In Gedanken waren sie bei dem, was sie in den letzten Tagen erlebt hatten. Das war eine Last, die tonnenschwer auf ihrer Seele lag.
Zwei Jünger Jesu, die zwar nicht zum engeren Kreis der Zwölfen gehörten, aber doch zu seiner Anhängerschaft.
Und nun war Jesus tot. Er, dem sie vertraut hatten, auf den sie all ihre Hoffnungen gesetzt hatten, er war das Opfer staatlicher Willkür geworden. Ans Kreuz geschlagen und elend gestorben.
Eine Welt war für sie zusammengebrochen. Zwar gab es da irgendwelche Gerüchte, dass Jesus auferstanden sei, aber das konnten sie nicht glauben, das konnte nicht sein.
Sie wollten weg, einfach nur weg. Der Weg nach Emmaus war für sie eine Flucht ohne Ziel, ohne Hoffnung, ohne Zukunft.
Karl Schmidt-Rottluff hat die Situation dieser beiden Jünger in einem ganz persönlichen Osterbild festgehalten, einem Holzschnitt. Wir haben ihn in unserem Gesangbuch auf der Seite 202. Bestimmt haben Sie das Bild schon mal entdeckt und ich bitte Sie, dass wir es uns nun zusammen anschauen.
Der Weg der Männer führt durch eine dunkle, abgestorbene Landschaft. Schwarze, spitze Felsen, die wie Waffen wirken. Bäume, die aussehen, wie tote Stümpfe. Und auch bei den Männern sieht es schwarz und düster aus.
Noch ist die Welt farblos. Da ist nichts von österlicher Farbigkeit zu ahnen. Noch sind ihre Augen „gehalten“, wie es Lukas umschreibt. In den Gesichtern der beiden links und rechts und erst recht an ihrer Körperhaltung kann man sehen, wie es um sie steht.
Der Rechte geht ganz gebeugt mit krummem Rücken. Das Kinn ist fast auf der Brust. Er schleppt sich mehr, als er geht. Der Stock in seiner Hand scheint gerade noch zu verhindern, dass er vollends zusammenbricht.
Wie soll man auch anders gehen, wenn alle Hoffnung gestorben ist? Wie soll man da den Kopf nicht hängen lassen?
Der Tod des Gekreuzigten hat ihm alle Kraft genommen. Seine Augen sind verschlossen, Was kann es jetzt noch geben, was eines Blickes wert wäre?
Für den Fremden, der sich da zu ihnen gesellt hat und in der Mitte geht, da hat er kein Auge. Er ist so verschlossen in seiner Trauer, dass nichts zu ihm durchdringt. Wie sollte er ihn da erkennen?
Seinem Gefährten, dem Mann auf der linken Seite geht es ähnlich. Auch er ist traurig vornüber gebeugt mit hängendem Kopf.
Aber zumindest ein klein wenig blinzelt er rüber zum Mann in der Mitte. Ein Auge ist geöffnet. So, als ob er einen ganz scheuen, vorsichtigen Blick riskiert. „Was ist das für einer, der uns da die Heiligen Schriften erklären möchte? Der uns erklärten will, warum Christus leiden musste?“ So scheint er zu fragen.
Die mittlere Gestalt überragt die beiden andren. Sie geht aufrecht, die Linke segnend vor der Brust. Der Blick ist in die Ferne gerichtet. Ein Strahlenkranz umgibt sein Haupt. Aber das sehen die beiden anderen gar nicht.
Ein Detail ist wichtig, nämlich die Schatten. Erkennen Sie`s? Da sind drei Personen, aber nur zwei Schatten.
Der Auferstandene wirft keine Schatten. Nicht weil er irgendein Gespenst ist, sondern weil er das Licht selbst ist.
Jesus ist schon da, aber sie erkennen ihn noch nicht, halten ihn für einen Fremden. Noch ist viel Dunkel in dem Bild, noch liegt der finstere Schatten über den beiden und doch geht vom Auferstandenen bereits das helle Osterlicht aus.
Für mich, liebe Gemeinde, ist das eines der bewegendsten und aussagekräftigsten Osterbilder, das ich kenne. Gerade deshalb, weil es so unspektakulär, so schlicht und unaufdringlich ist.
Schmidt-Rottluff schuf diesen Holzschnitt 1918, im letzten Jahr des 1.Weltkrieges. Er war im Baltikum und in Russland an der Front. Was er da alles erlebt und erfahren hat, das weiß ich nicht, aber ganz gewiss waren das keine leichten Zeiten.
Der Auferstandene schließt sich den beiden an. Hört ihnen zunächst einfach zu, wenn sie sich ihr Leid, ihre Sorgen, ihren Kummer von der Seele reden.
Er redet das nicht klein nach dem Motto: „Kopf hoch, wird schon wieder! Reißt euch zusammen!“ Sondern er nimmt sich Zeit, geht den Weg mit ihnen, merkt, wie ihnen zumute ist und lässt sie erzählen.
Vielleicht kennen Sie, kennt Ihr das: Es tut gut, wenn ich meine Sorgen mal loswerden kann, wenn ich klagen, weinen kann, ohne mich dessen schämen zu müssen.
Sicher, dadurch wird das Problem noch nicht aus der Welt geschafft, aber doch wird es einem leichter ums Herz, wenn man sich alles von der Seele reden kann.
Die beiden hatten die Osterbotschaft von der Auferstehung ja eigentlich schon gehört.
Aber sie konnten es noch nicht glauben. Sie konnten nichts anfangen mit der Engels-Erscheinung und der Botschaft vom leeren Grab. Das Evangelium, dass Jesus lebt, war einfach nicht durchgedrungen durch die harte Schale ihrer Enttäuschung und Trauer.
Erst dadurch, dass der scheinbar Fremde sich Zeit nimmt, ihnen zuhört und dann mit ihnen über die Bibel ins Gespräch kommt, erst dadurch hat sich bei ihnen etwas bewegt, etwas Entscheidendes sogar, Und als sie ihn dann bitten: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden!“ da zeigt sich, dass sie innerlich auf dem Weg sind, sich zu öffnen.
Da bricht etwas auf.
Das Fenster ihrer Seele ist schon einen Spalt breit geöffnet.
Und sie wollen mehr erfahren.
Die Botschaft braucht Zeit, um in ihren Herzen zu wurzeln.
Aber dann, als sie mit dem Auferstandenen essen, da wird ihnen das zum Herrenmahl, zum Sakrament.
Der, der ihnen die Schrift geöffnet hat, der öffnet ihnen die Augen und alles wird klar.
„Sie standen auf zu derselben Stunden und kehrten zurück nach Jerusalem.“
Sie konnten es nicht für sich behalten. Die Botschaft musste hinaus in die Welt.
Und das tat sie dann auch. Bis zu uns heute.
Die Kirche, der Glaube lebt vom Erzählen und Hören dieser frohen und lebenspendenden Osterbotschaft: Jesus lebt!
Schauen wir nochmals auf den Holzschnitt: Der Weg der Dreien führt aus dem Bild hinaus. Ein, zwei Schritte noch, dann sind sie aus unserem Blickfeld verschwunden.
Die Augen des Auferstandenen, sie schauen nicht in die unerkennbare Ferne, sie schauen uns an.
Und die segnende Hand, der segnende Blick, das gilt uns, Dir und mir.
Werden wir ihn vorbeigehen lassen, blind, verkrümmt in uns selbst? Werden wir ein scheues Auge riskieren?
Oder werden wir uns mit offenen Augen hinein nehmen lassen ins helle Osterlicht und es im Herzen bewegen: Jesus lebt – er lebt auch heute und dich und mich will er erreichen!
Dass ihm das gelingt, das schenke uns Gott.
 
AMEN
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für Karfreitag, 07. April 2023
Pfarrer Jochen Maier

 

Jesu am Kreuz
Bildrechte Kirchengemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben." Joh 3,16

Predigttext: Hebräer 9,15.26b-28
 
„Deshalb ist Jesus auch der Vermittler eines neuen Bundes. Sein Tod hat die Erlösung von den Übertretungen aus der Zeit des ersten Bundes bewirkt. Dadurch können alle, die berufen sind, das versprochene ewige Erbe erhalten.
Jetzt, am Ende der Zeiten, ist er ein einziges Mal erschienen.
Und durch sein Opfer hat er die Sünde aufgehoben.
Bei den Menschen ist es ja ähnlich: Sie müssen nur einmal sterben und kommen dann vor das Gericht. Genauso wurde auch Christus nur einmal als Opfer dargebracht, um die Sünden der vielen wegzunehmen. Wenn er das zweite Mal erscheint, geht es nicht noch einmal um die Sünde. Das geschieht vielmehr, um alle zu retten, die auf ihn warten. AMEN“



Liebe Gemeinde,
 
sagt Ihnen der Name Hans Koschnick noch etwas? Er war 18 Jahre lang Bürgermeister und Regierungschef von Bremen, dem kleinsten deutschen Bundesland. Anschließend saß er als Abgeordneter im deutschen Bundestag und war zuletzt UN-Beauftragter für den Wiederaufbau des im Jugoslawienkrieg zerstörten Mostar in Bosnien-Herzegowina – eine lebensgefährlichen Mission war das. 2016 ist er verstorben.
1999, als er 70 Jahre alt wurde, war er bereits aus der aktiven Politik ausgeschieden. Weil er in seiner Heimat aber immer noch sehr populär war interviewte ihn vor seinem Geburtstag am 2. April eine junge Journalistin von Radio Bremen.
Wie und wo er denn seinen runden Geburtstag feiern wolle, fragte ihn die Journalistin. „Junge Frau“, antwortete Koschnick etwas oberlehrerhaft belehrend. „Mein Geburtstag fällt doch dieses Jahr auf den Karfreitag – da wird nicht gefeiert!“ Die Journalistin stotterte sich durch den Rest des Interviews und war spürbar verunsichert darüber, wie jemand dem Karfreitag so viel abgewinnen konnte.
Bei Hans Koschnick war das ganz offensichtlich der Fall. Ihm war sein Glaube und ihm war der Karfreitag sehr wichtig.
„An Karfreitag wird nicht gefeiert.“
Er war ein ganz überzeugter evangelischer Christ.
Und für ihn war klar; An Karfreitag wird nicht gefeiert! An Karfreitag fällt alles aus, da bleibt alles stehen.
In der Johannespassion von Johann Sebastian Bach herrscht Stille, wenn Jesu Haupt niedergesunken ist.
Was willst du da auch sagen, was willst du da singen?
Da geht nichts mehr, da bleibt alles stehen.
Darum ist der Karfreitag ein stiller Feiertag.
Und wenn das in unserem Land zunehmend in Vergessenheit gerät, dann ist das in meinen Augen eine traurige Entwicklung.
Jesus ist ein Opfer. So betont es unser heutiges Predigtwort aus dem Hebräerbrief. Er hat sich selbst als Opfer dargebracht.
Die Sache mit dem Opfer ist für uns aber nicht so leicht zu verstehen.
Erst recht für Jugendliche.
Denn wenn die zueinander „Du Opfer!“ sagen, dann ist das eine Beleidigung, eine Herabwürdigung.
Hier in unserem Predigtwort ist das aber ganz anders, da ist es ein Bekenntnis. „Jesus, du Opfer!“ Damit bringen wir zum Ausdruck, was Jesus für uns bedeutet, was er für uns auf sich nimmt. Sich opfern – das ist ja etwas, was man für andere macht. Wer sich opfert, der tut das für andere. Jesus opfert sich für unsere Schuld, für unsere Sünde. Nicht nur und nicht zuerst für die Schuld irgendwelcher skrupelloser Menschen an den Schalthebeln der Macht, Menschen, auf die wir gerne mit dem Finger zeigen, sondern für unsere Sünde! Für das, was in meinem, in unserem Leben schief gelaufen ist und immer wieder schief läuft.
Aber, und das ist doch die entscheidende Frage: warum braucht es überhaupt dieses Opfer?
Warum musste Jesus dieses Opfer, dieses Selbstopfer überhaupt bringen?
War das denn wirklich nötig? Musste das sein?
Konnte Gott denn nicht einfach sagen: „Es ist vergeben und vergessen! Schwamm drüber, wir fangen neu an und machen es in Zukunft besser!“
Ist dieser Opfergedanke nicht sehr menschlich gedacht? Passt er denn überhaupt zusammen mit der Vorstellung vom liebenden Gott, der uns ja viel vertrauter und viel näher ist?
Ja, es stimmt schon: Die Bibel erzählt uns immer wieder von Gottes Liebe, ja sogar davon, dass Gott selbst die Liebe ist.
Und das ist ganz wichtig, ganz zentral.
Aber gerade weil Gott uns Menschen so sehr liebt, gerade deshalb ist ihm alles lieblose und selbstsüchtige Wesen zutiefst zuwider.
Gerade weil Gott die Liebe ist, muss er dann nicht das Lieblose hassen? Weil er den Menschen, weil er dich und mich so sehr liebt, muss er da nicht zornig werden, wo menschliches Leben durch Sünde zerstört und kaputt gemacht wird?
Liebe kann doch niemals gleichgültig sein!
Es ist doch so, dass die Menschen, die ich am meisten liebe, mich auch am meisten verletzen können, eben weil sie mir nicht gleichgültig sind.
Wer mir gleichgültig ist, dessen Meinung bedeutet mir nichts, das berührt mich nicht.
Wir können nicht von der leidenschaftlichen Liebe Gottes sprechen und dabei den zornigen Gott verschweigen. Liebe und Zorn Gottes gehören zusammen wie die beiden Seiten einer Medaille. Dort, wo ich liebe, da bin ich auch besonders verletzlich!
Es gibt so viel Lieblosigkeit in unserer Welt, in der Geschichte und in der Gegenwart und ich habe nicht den Eindruck, dass die Welt friedlicher wird und wir Menschen aus den Fehlern der Geschichte lernen. So unzählig viele Menschen wurden und werden seelisch gequält, gefoltert und ermordet. Werden erniedrigt und missbraucht.
All dieses Unrecht schreit doch geradezu nach Gerechtigkeit. All dieses Unrecht darf und kann nicht vergessen werden.
Das hat nichts mit Rachsucht zu tun, sondern einzig und allein mit der Würde eines jeden einzelnen Menschen. Dieser Würde, die nichts und niemand ungestraft mit Füßen treten darf.
Wer den Menschen liebt, der muss gleichzeitig hassen, was den Menschen kaputtmacht. Einfach zu sagen: „Schwamm drüber! Vorbei ist vorbei“, das wäre nichts anderes, als eine himmelschreiende lieblose Gleichgültigkeit, die das Leid nicht ernst nimmt. Genau deshalb musste Jesus dieses Opfer bringen, genau deshalb musste er sterben, weil die Schuld der Welt, weil die Sünde der Welt, unsere Schuld und Sünde, weil sie um der Gerechtigkeit willen aufgedeckt, beim Namen genannt und verurteilt werden muss.
Weil Gott uns so sehr liebt, weil wir ihm so wichtig sind, deshalb nimmt er die Strafe auf sich, deshalb erleidet er sie selbst um uns den Weg ins Leben zu eröffnen.
Darum finden im Kreuz Jesu Gerechtigkeit, Zorn und Liebe zueinander. Nur wer die Schwere dieses Karfreitags aushält, nur der kann wirklich befreit Ostern feiern.
Karfreitag ist der Tag, wo aus Jesu Tod unsere Hoffnung geboren wird. Dass nichts mehr geht - das gibt es nicht mehr. Karfreitag ist der Tag, an dem alles endet, damit alles neu wird und frei.
S sei es.
AMEN
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für Sonntag Judika – 26. März 2023
Pfarrer Jochen Maier

 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele."
Mt 20,28
Predigttext: Markus 14,66-72

 

„Und Petrus war unten im Hof. Da kam eine von den Mägden des Hohenpriesters;
und als sie Petrus sah, wie er sich wärmte, schaute sie ihn an und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus von Nazareth.
Er leugnete aber und sprach: Ich weiß nicht und verstehe nicht, was du sagst. Und er ging hinaus in den Vorhof, und der Hahn krähte.
Und die Magd sah ihn und fing abermals an, denen zu sagen, die dabeistanden: Dieser ist einer von denen.
Und er leugnete abermals.
Und nach einer kleinen Weile sprachen die, die dabeistanden, abermals zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von denen; denn du bist auch ein Galiläer.
Er aber fing an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr redet.
Und alsbald krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da gedachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er fing an zu weinen.“
 
Liebe Gemeinde,
„Indianer kennen keinen Schmerz und Männer weinen nicht.“ Wir alle kennen solche Sprüche.
Aber sie stimmen nicht.
Sie sind einfach nicht wahr.
Petrus weint, und er weint nicht nur ein paar Tränchen, er weint bitterlich, so jedenfalls erzählt es der Evangelist Lukas.
Diese Geschichte ist so wichtig, dass alle vier Evangelisten sie uns erzählen. Und wir können davon ausgehen, dass diese Geschichte nicht deshalb erzählt wird, um Petrus zu beschämen oder schlecht zu machen. Wahrscheinlich hat er sie ja sogar selbst weitererzählt. Er war ja wohl der einzige in der Kirche, der diese Geschichte kannte.
Petrus, der Verlierer, der Gescheiterte.
Er lässt seinen Tränen und seinen Gefühlen freien Lauf und das ist gut so.
Er kann sie nicht aufhalten, die Tränen fließen einfach.
Sie schmecken nach Traurigkeit oder Wut, nach Enttäuschung oder Scham.
Im Weinen des Petrus ist von alledem etwas. Er wirkt zerbrechlich und schwach. Weinend steht er da und sagt kein Wort mehr. Und sagt mit seinen Tränen doch so unendlich viel.
Dabei will er doch eigentlich stark sein. Ein strahlender Sieger, einer, auf den man sich verlassen kann, ein Fels in der Brandung.
Ein guter, zuverlässiger Jünger, der beste Freund Jesu. Ein Anführer.
„Auch wenn sich alle von dir abwenden ich nicht!“ Es ist nicht lange her, dass er das so gesagt hat. Er hatte den Mund ganz schön voll genommen.
„Sogar wenn ich mit dir sterben muss – ich werde niemals abstreiten, dich zu kennen!“ Und er meint das wirklich ernst, was er sagte. Große, schöne Worte, mit dem Brustton der Überzeugung gesprochen.
Aber er kann sein Versprechen nicht halten.
Er wird schwach und verleugnet Jesus. Einmal, zweimal, dreimal.
„Ich kenne diesen Menschen nicht. Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“
Und dann kräht der Hahn. Einmal und noch einmal. Genauso wie Jesus es vorausgesagt hat. „Dreimal wirst du abstreiten, mich zu kennen.“ Genau das hat Petrus getan.
Petrus hat seinen Mut, seine Fähigkeiten falsch eingeschätzt. Als er plötzlich allein dastand im Hof des Hohepriesters – ohne den Rückhalt Jesu, ohne die anderen im Rücken, da hat er kalte Füße bekommen. Da hat er versagt, hat Angst bekommen und ist gescheitert und bis heute erinnert jeder Hahn auf einer Kirchturmspitze an dieses Scheitern.
Habt Ihr, haben Sie schon einmal nach einer richtigen persönlichen Niederlage in den Spiegel geschaut? Das ist nicht besonders angenehm! Das tut weh.
Sich einzugestehen, dass man versagt hat, das ist hart.
Ich weiß noch sehr gut, wie es war, als ich als Kind einmal bei einem Klaviervorspiel so richtig daneben gelangt habe. Ich hatte schon ein paar Jahre Klavierunterricht und dann war da ein Vorspiel, meine Mutter war unter den Zuhörern. Und ich bin immer wieder hängen geblieben, das ist nun bald 50 Jahre her, aber ich weiß das noch, als ob es gestern gewesen wäre.
Das war furchtbar.
Was habe ich mich geschämt!
Aber so schlimm das damals für mich war, so habe ich später gelernt, dass es weit weit schlimmere Dinge im Leben gibt, als bei einem Klaviervorspiel daneben zu langen.
Manche Menschen zerbrechen an den Niederlagen in ihrem Leben. Es ist beileibe nicht so, dass alle Menschen durch Niederlagen stärker werden und wachsen und reifen. Schön, wenn das so ist. Manche Menschen, die in der Kindheit, zuhause oder später in der Schule zu viele Niederlagen einstecken mussten, die kommen gar nicht mehr richtig auf die Beine. Sie bleiben liegen. Haben keine Kraft mehr. Haben ein beschädigtes Selbstwertgefühl.
Da helfen dann auch Appelle an den guten Willen nicht mehr weiter.
Und bei anderen ist es so, dass sie ihre Niederlagen sich selbst und auch anderen gegenüber überhaupt nicht eingestehen können. Sie geben immer anderen die Schuld, den Umständen, der Erziehung, den Eltern, den Erbanlagen, wie auch immer.
Natürlich kann man die Niederlagen auch als Chance nutzen. Und wenn man das Leben einigermaßen meistern will, dann geht es gar nicht anders. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir verlieren lernen.
Aber das ist noch nicht das Entscheidende, was diese Geschichte von der Niederlage des Petrus ausmacht.
Nach seinem Scheitern ist er am Boden zerstört, von sich selbst enttäuscht.
Aber seine Geschichte ist damit noch nicht zu Ende. Und darauf kommt es an. Das ist das Entscheidende.
Vielleicht ist gerade das überhaupt die wichtigste Erfahrung seines Lebens.
Denn Gott schreibt ihn nicht ab.
Im Gegenteil, der Auftrag den Jesus seinen Jünger gibt am Ende des Matthäusevangeliums, der sogenannte Tauf- und Missionsbefehl Jesu: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Dieser Auftrag geht ganz selbstverständlich auch an Petrus und im Johannesevangelium wird das dann sogar ganz ausdrücklich betont. Da sagt Jesus ganz besonders zu Petrus: „Weide meine Lämmer!“ Das heißt: Sorge du für meine Gemeinde, pass auf sie auf! Dir, genau dir vertraue ich sie an.
Petrus gehört weiterhin dazu, mit seiner Niederlage, mit seinem Scheitern.
Das ist für mich die wichtige Botschaft für alle Verlierer,
für alle, die im Leben auch mal scheitern,
also für uns alle:
Ihr gehört dazu.
Selbstverständlich. Warum denn auch nicht. Niederlagen gehören zum Leben und zum Menschsein dazu. Eine Niederlage, ein Scheitern ist manchmal schwer zu verkraften und hinterlässt Narben. Aber dadurch werden wir selbst nicht in Frage gestellt und erst recht nicht, dass Gott uns vorbehaltlos liebt und wir wertvoll sind in seinen Augen, unendlich wertvoll.
Das ist so und das bleibt so.
Und das hat auch Petrus so erfahren.
Da ist einer, Jesu selbst, der wirklich da ist für uns und der sein Leben verliert für die, die schwach sind.
Für Petrus und für Dich und für mich.
Ein alter Choral aus unserem Gesangbuch findet dafür, wie ich finde, die richtigen Worte:
„Es schlägt den Stolz und mein Verdienst darnieder,
es stürzt mich tief, und es erhebt mich wieder,
lehrt mich mein Glück macht mich aus Gottes Feinde
zu Gottes Freunde.“


So sei es

AMEN
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den 3.S.n.Epiphanias – 22. Januar 2023
Pfarrer Jochen Maier

 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Und es werden kommen von Osten und von
Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden
im Reich Gottes." Lk 13,29
Predigttext: Römer 1,16f

 

Liebe Gemeinde,
von Torsten möchte ich Ihnen und Euch heute erzählen. Torsten hatte es zu etwas gebracht. Er hatte nach dem Abitur BWL studiert und dann schnell Karriere gemacht in einem großen Unternehmen. Dabei kam er eigentlich aus ganz einfachen Verhältnissen. Seine Eltern hatten sich sein Studium buchstäblich vom Mund abgespart. Sie hatten auf vieles verzichtet, um ihrem Sohn eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Ihr einziges Kind sollte es einmal besser haben. Der Vater arbeitet auf dem Bau, machte regelmäßig Überstunden, half am Wochenende auf verschiedenen Baustellen und die Mutter hatte neben dem Job als Verkäuferin noch eine Putzstelle.
Sie waren stolz auf ihren Sohn.
Er verkehrte jetzt in sogenannten „besseren Kreisen“. Aber wenn er irgendwo eingeladen war, wenn beim Smalltalk mit Geschäfts-partnern, bei Empfängen oder auch auf Partys mit Freunden und Bekannten die Rede auf seine Familie kam, dann gab Torsten sich wortkarg. Er schämte sich ihrer einfachen und direkten Art und besuchte sie auch immer seltener. Hin und wieder ein kurzer Anruf, eine Stippvisite, wenn er mal zufällig in der Nähe war, eine Karte zu Weihnachten, das war’s.
So etwas gibt es. Leider. Da schämt sich einer seiner Familie, verleugnet die, die auf so vieles verzichtet haben, um ihm eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Da verleugnet einer seine Herkunft.
In unserem heutigen Predigtwort geht es um das genaue Gegenteil. Da schämt sich einer eben nicht seiner Herkunft, schämt sich nicht der Quellen, aus denen er lebt, sondern weiß ganz genau, was ihm Halt gibt im Leben.
Paulus schreibt in Römerbrief: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.
Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Habakuk 2,4): "Der Gerechte wird aus Glauben leben."

Das sind starke Worte! Worte, die Wirkung haben und die immer noch aktuell sind.
Paulus sagt: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht!“ Dann, wenn es darauf ankommt, dann will ich auch dazu stehen, dann will ich mich offen und frei zu den Quellen bekennen, aus denen ich lebe. Der Glaube ist nicht nur Privatsache. Er will auch bekannt werden. Aber das braucht Mut und das braucht Entschlossenheit. Gerade heute, wo Kirche und Glaube in keinem guten öffentlichen Ruf stehen.  Das ist heute so und es gab Zeiten, da war das noch viel mehr der Fall.
Ich erinnere mich an eine Bekannte, die ich als Jugendliche in Dresden kennengelernt habe, das war Mitte der 80er Jahre, also vor dem Mauerfall. Da war ich mehrfach im Rahmen von kirchlichen Jugendpfingstbegegnungen in Ostberlin und in Dresden. Und ich erinnere mich an eine Jugendliche, die erzählt hat, was es für sie bedeutet hat, dass sie eben nicht zur Jugendweihe ging sondern konfirmiert wurde, dass sie nicht in der FDJ war, sondern in der Junge Gemeinde. Mehrfach wurde sie zur Schulleitung zitiert, aber sie ist ihrer Überzeugung treu geblieben. Sie hat das durchgehalten. Und das Evangelium, ihr Glaube hat ihr immer wieder Kraft gegeben. Und sie hat es nicht bereut.
„Ich schäme mich des Evangeliums nicht!“
Paulus kann das so klar und deutlich bekennen, weil er das auch so erfahren hat, weil er erfahren hat, welche Kraft vom Evangelium ausgehen kann. Weil er erfahren hat, wie das Evangelium von Jesus Christus sein Leben auf den Kopf gestellt hat, ihn damals vor den Toren von Damaskus vom Christenverfolger zum glühender Verkündiger der Liebe Gottes gemacht hat.
Vielleicht erinnert sich Paulus auch an die Worte seines ehemaligen Lehrers, des berühmten Rabbi Gamaliel, der einst in einer Gerichtsverhandlung des Hohen Rates denen, die den Apostel Petrus und seine Begleiter anklagten, gesagt hatte: „Ist’s Menschenwerk, wird’s untergehn, ist es aber Gottes Werk, so könnt ihr es nicht hindern!“
Für Paulus hatte es sich als wahr erwiesen: Das Evangelium ist Gottes Werk und es hat die Kraft, sich immer wieder durchzusetzen. Und es gibt denen Halt, die ihm vertrauen. Und ich glaube fest, dass auch unsere Kirche allen Grund hätte, dieser Kraft des Evangeliums mehr zu vertrauen als irgendwelchen sündhaft teuren Werkekampagnen und Marketinganalysen. Statt sich den Leuten anzubiedern, sollten wir das Evangelium so verkündigen, wie Paulus es vorgemacht hat: ohne faule Kompromisse, ohne sich dafür zu schämen, denn es ist wirklich eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.
Und Gott sei Dank sucht sich das Evangelium immer wieder selbst seinen Weg und wirkt voller Macht. Oft aber gerade da, wo es eben nicht öffentlichkeitswirksam im Rampenlicht steht, in der Telefonseelsorge zum Beispiel oder am Kranken- oder Sterbebett oder auch in der Musik, wo Menschen tief drinnen berührt werden und wo in ihnen etwas zum Schwingen kommt.
Da singt eine Frau mittleren Alters schon viele Jahre in der Kantorei einer Großstadtkirche mit. Sie war eigentlich nur wegen des Singens dabei, wegen der Musik, die Inhalte der Kantaten interessierten sie weniger. Schon zum dritten Mal ist sie dabei, als das Weihnachtsoratorium von Bach einstudiert und zur Aufführung gebracht wird. Und doch ist es dieses Mal irgendwie anders: Als der Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“ angestimmt wird, da treffen dieses Worte plötzlich ihr Herz, ganz unvermittelt: „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohlgefallen.“
Wie oft hatte sie das schon gesungen aber dieses Mal trifft es sie, wie ein Blitz. Plötzlich sind das für sie eben nicht nur Worte zu einer schönen Melodie, sondern plötzlich ist das eine Botschaft, das Evangelium, das sie trifft und spüren lässt: Ja, da geht es ja um mich! Da bin ich gemeint. Da ist etwas, was mich trägt, unabhängig von dem, was ich tu oder lasse, wieviel Erfolg ich habe oder wie sehr ich scheitere: Ich bin wertvoll, ich bin geliebt, weil ich Gottes Kind bin.
Das gibt dem Leben einen Grund, einen Halt, ohne den ich nicht mehr sein will und kann.
Ja, liebe Gemeinde, das Evangelium ist wirklich eine Kraft Gottes, eine gewaltige Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.
Und darum wird sich dieses Evangelium auch immer weiter ausbreiten, auch bei uns und für uns. Er wird sich ausbreiten durch uns und manchmal auch trotz und gegen uns, weil es nämlich kein Menschenwerk ist, das untergehen könnte, sondern Gottes Werk, das sich nicht hindern lässt. Und das kann uns zuversichtlich nach vorne schauen lassen.
„Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.
Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Habakuk 2,4): "Der Gerechte wird aus Glauben leben."

 
AMEN
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