Gottesdienste im Oktober 2020





Kirchweihpredigt für Montag, den 05. Oktober 2020
Pfarrer Jochen Maier


Wochenspruch:
„Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN;
mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“
Psalm 84, 2-3
 
Liebe Kirchweihgemeinde,


nach einer Taufe fragte mich einmal ein Vater, was das denn für ein eigenartiges Bild sei und zeigte auf die Bartholomäusdarstellung drüben an der Südwand.
Seine Tochter habe die ganze Zeit da rüber geschaut und auch er würde nicht recht schlau aus diesem Bild.
Ich erzählte ihm dann, dass das der Heilige Bartholomäus sei, der Namenspatron unserer Kirche.

 

Das Bild stammt von Curt Lessig, einem letztes Jahr im Mai im hohen Alter von 94 Jahren verstorbenen Würzburger Künstler. Geboren wurde Curd Lessig zwar mit seinem Zwillingsbruder am 24.11.1924  in Stuttgart, aber  beide Eltern stammten aus Würzburg, genauer aus Grombühl und dort ist er dann auch in recht einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Er lernte Kirchenmaler, wurde dann aber noch zur Wehrmacht eingezogen.
Nach dem Krieg studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München und wurde freischaffender Künstler. Sein künstlerischer Schwerpunkt lag auf der Gestaltung von Glasfenstern, aber er war auch Maler und Grafiker, hat also mit unterschiedlichen Materialien und Techniken gearbeitet. Er hat ein sehr umfangreiches Werk hinterlassen – war in Bundeswehrkasernen tätig und in Aussegnungshallen, in Kirchen und in Schulen.
Das Werk hier in unserer Kirche war wohl eine Spende von Goldenen Konfirmanden und kam 2001 hierher in unsere Kirche.
Ob das nun vom Stil her in unserer Kirche passt oder nicht – es zeigt den Namenspatron unserer Kirche und die alten Märtyrerlegenden sind ja oft so grausam, dass sie heute unter das Jugendschutzgesetz fallen würden – so auch die Legenden, die von Bartholomäus erzählen.
Der Name ist hebräisch und bedeutet Bar-Tolmay – also Sohn des Tholmai. Im Neuen Testament wird er nur in den sogenannten Apostellisten erwähnt (Mt 10, Mk 3 und Lk 6). Manches setzen ihn gleich mit dem Nathanael aus dem Johannesevangelium, den Jesus einen „wahren Israeliten ohne Falsch“ nennt. Dann wäre Nathanael der Eigenname und Bar-Tholmai so etwas wie der Familienname, der Herkunftsname. Aber das wissen wir schlicht nicht.
Der Legende nach soll er in Indien, Mesopotamien und vor allem in Armenien als Zeuge Jesu Christi das Evangelium gepredigt haben. Dort in Armenien soll er dann auch das Martyrieum erlitten haben, das heißt er wurde um seines Glaubens willen ermordet. Ein gewisser Astyages soll den Befehl gegeben haben, ihm bei lebendigem Leibe die Haut abzuziehen und ihn anschließend kopfüber zu kreuzigen. Darum ist sein Symbol das Schindermesser. Auch hier auf Curt Lessigs Bild hat er das Messer in der Hand und trägt seine eigene Haut über dem Arm, man erkennt sogar das Gesicht darin!
Michelangelo hat ihn so auch in der Sixtinischen Kapelle in Rom bei seiner Darstellung des Jüngsten Gerichtes gemalt. Dabei gilt dort das Antlitz auf der abgezogenen Haut als Selbstbildnis Michelangelos.
Eine fürwahr grausame Geschichte! Kaiser Otto III ließ seine angeblichen Gebeine 983 nach Rom bringen, wo sie seither in der Kirche San Bartholomeo all’Isola aufbewahrt werden. Daraufhin wurde Bartholomäus zum Patron vieler deutscher Kirchen von Frankfurt bis Nürnberg und von Berlin bis zu St.Bartholomä Königssee.
Wie Bartholomäus nun nach Sommerhausen kam, das weiß ich nicht. Vielleicht hat es früher hier auch eine Reliquie von ihm gegeben – damit wurde im Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein ja ein schwunghafter Handel getrieben. Jedenfalls gab dieser Bartholomäus unserem Ort ja sogar seinen ersten Namen und dann, wegen des Heiligentages am 24. August, also im Sommer, den Namen Sommerhausen. Man kann also schon sagen, dass er prägend war für unseren Ort. Und sein Symbol des Messers findet sich ja heute noch auf den Grenzsteinen!
Bartholomäus gilt als Patron zahlreicher Handwerksberufe – vom Metzger bis zum Buchbinder, vom Schuhmacher bis zum Sattler. Und er gilt - neben einigen anderen – als einer der Patrone der Winzer – und das passt dann ja wieder hierher nach Sommerhausen.
Über das Leben dieses Bartholomäus wissen wir sonst gar nichts. Es gibt zwar ein apokryphes Bartholomäusevangelium, das aber lange nach den biblischen Evangelien entstanden ist und wohl in das Reich der Legenden zu verbannen ist.
Jedenfalls scheint er einer gewesen zu sein, der seinen Glauben sehr ernst genommen hat und sein Leben der Verbreitung des Evangeliums geweiht hat. Er starb für seinen Glauben!   
Curt Lessig hat ihn hier als aufrechten Menschen mit großen Augen dargestellt. Ernst schaut er drein, hat ein schmales Gesicht. Aber die Feinde konnten ihn nicht beugen, Leid und Schmerz nicht brechen. Er hatte immer einen Halt, so deute ich seine aufrechte Haltung.
Im Hintergrund sehen wir verschiedenfarbige Felder, etwas braun, blau, viel schwarz und was auffällt: Das rote Feld links hinter seinem Haupt. Rot ist die Farbe der Liebe aber auch die Farbe der Kirche, darum hänget heute dir roten Paramente an Kanzel und Altar. Um das Haupt des Heiligen ist der Heiligenschein, der Nimbus angedeutet. In der Linken hält Bartholomäus das berühmte Messer und die Linke ist wie zur Mahnung erhoben. So als wolle er sagen:
Mensch vergiss deine Wurzeln nicht! Vergiss deinen Glauben nicht!
Die Heiligenverehrung spielt in unserer evangelischen Kirche keine große Rolle. Wir beten sie nicht an, sehen in ihnen auch keine Mittler zwischen uns und Gott.
In der Confessio Augustana heißt es im 21. Artikel: Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf.
Vorbilder im Glauben und im Leben sollen sie sein, die Heiligen. Das kann nun nicht heißen, dass wir solche ein grausames Schicksal, wie das des Bartholomäus auf uns nehmen müssen, aber von seiner Glaubensstärke würde uns allen wohl die ein oder andere Scheibe nicht schaden!
Unser Glaube soll nicht nur hier im Kirchenraum seinen Ort haben, sondern er will ausstrahlen in unser Leben, unser Handeln, unser Denken und Hoffen.
Sie daran immer wieder erinnern zu lassen, das kann uns wohl nicht schaden!

AMEN
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Kirchweihpredigt für Sonntag, den 04. Oktober 2020
Pfarrer Jochen Maier

 

Wochenspruch:
„Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN;
mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“
Psalm 84, 2-3

 

 

Liebe Kirchweihgemeinde,

 

eine kleine jüdische Geschichte erzählt davon, wie ein junger Mann einmal zum Rabbi, dem jüdischen Lehrer kam und ihn fragte: „Rabbi, Lehrer, ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagst: Wo wohnt Gott?“ Der Rabbi antwortete ohne zu zögern: „Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt!“
Ja, liebe Kirchweihgemeinde, wo wohnt Gott?
Was hättet Ihr, was hätten Sie geantwortet?
Vielleicht: Gott wohnt im Himmel! Oder: Er wohnt hier in der Kirche, im Gotteshaus. Oder so wie der weise jüdische Rabbi: Er wohnt überall, in der Natur, in der Schöpfung, es gibt keinen Ort, wo er nicht wohnt.
Liebe Gemeine, merkwürdiger Weise ist das alles richtig! Gott wohnt im Himmel. Das meint natürlich nicht den manchmal grauen und manchmal weiß-blauen Himmel über uns, sondern das meint eine andere Wirklichkeit. Wir können Gott mit unseren Augen nicht sehen, ihn nicht hören, ihn nicht begreifen – er übersteigt unseren Verstand, unsere Möglichkeiten. Wir können Gott nicht beschreiben, ohne ihn auf unsere irdischen Möglichkeiten zurechtzustutzen. Und doch ahnen wir, glauben wir, vertrauen dir darauf, dass es da eine andere Wirklichkeit gibt, die viel größer, viel umfassender ist als das, was wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten begreifen können.
Es gibt ein altes mongolisches Sprichwort, das sagt; „Ein Frosch, der im Brunnen lebt, beurteilt das Ausmaß des Himmels nach dem Brunnenrand.“  Das heißt, er hat nicht die leiseste Ahnung von der unendlichen Weites des Himmels. Er glaubt, es gibt nur das, was er von seinem Brunnenloch aus sieht. Ein Mensch, der sagt: Es gibt nur das, was ich sehe, der verhält sich im Grunde genauso. Nur wer die Sehnsucht nach dem Unendlichen in sich trägt, nur wer sich mit der Begrenztheit unserer sichtbaren Welt nicht abfindet, nur der kann die Größe Gottes wahrnehmen. Nur der versteht was es heißt: Gott wohnt im Himmel.
Und doch stimmt auch die andere Antwort: Gott wohnt in der Kirche. Eine Kirche ist ein besonderer Ort und darum feiern wir ja Kirchweih: Wir sind dankbar, dass wir diesen Ort, dass wir unsere wunderbare St.Bartholomäuskirche haben und dass Gott hier wirklich Wohnung nimmt. Als die Altvorderen sich Mitte des 13. Jahrhunderts ans Werk gemacht haben, diese Kirche zu bauen, die erste Kirche hier an diesem Ort zu errichten, da war das schon eine gewaltige Leistung. Sie taten das mit einfachsten Mittel und viel Einsatz an Kraft, Energie und auch Geld. Da gab es noch kein Rathaus, kein Schloss und keine Stadtmauer, da waren wohl die meisten Wohnhäuser noch aus Holz. Das Kirchschiff wurde zweimal durch einen Neubau ersetzt – der Turm aber stammt zumindest in seinem unteren Teil noch aus dieser Gründungszeit – ist also rund 750 Jahre alt – was hat er in all den Jahren nicht schon alles gesehen!
Sie also schon etwas ganz Besonderes, unsere St. Bartholomäus-kirche, ein Juwel und wir dürfen zurecht stolz darauf sein – und das an der Kirchweih auch feiern – wenngleich in diesem Jahr in bescheidenem Rahmen.
Ich sehe das ja vom Pfarrhaus aus, wie viele Menschen unsere Kirche besuchen. Die kommen her, schauen sich um. Manche werfen nur einen kurzen Blick herein, manche interessieren sich nur für die Architektur, die Kunstgegenstände – und manche sind auch enttäuscht, sie sehen das Lutherbild und sagen: Ach, die ist ja evangelisch!
Viele aber gönnen sich hier auch etwas Ruhe, setzten sich in eine Bank und genießen die besondere Atmosphäre dieses Ortes. Wir sehen das auch daran, dass die Spruchkärtchen und Texte, die da auf dem kleinen Tischchen ausliegen, dass sie reißenden Absatz finden, wir müssen ständig nachliefern und immer wieder schreiben Menschen ins Gebetbuch oder zünden hier eine Kerze an.
Ja: die Kirche ist ein Ort, wo Gott wohnt, wo wir ihm in besonderer Weise nahe sein können und wir haben an Kirchweih allen Grund, für dieses schöne Gotteshaus von Herzen dankbar zu sein!
Aber auch die dritte Antwort stimmt: Gott wohnt überall! Er wohnt im Summen der Bienen, dem Zwitschern der Vögel, in den Bäumen und Blättern, im Wasser und im Wind. Er wohnt in der Natur und er wohnt in dir und mir, in uns Menschen. So sagt es Paulus den Athenern: „Fürwahr, er, Gott, ist nicht ferne von einem jeden von uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.“
Das Evangelium, das wir vorhin gehört haben, das gibt nun noch einmal eine andere Antwort auf die Frage: Wo wohnt Gott? Diese Erzählung von der Begegnung Jesu mit dem Zöllner Zachäus ist ja nicht von ungefähr für den Kirchweihtag ausgewählt worden.
„Jesus ging nach Jericho hinein und zog hindurch“. So beginnt diese Erzählung. Wo Jesus hineingeht, da wohnt Gott, so könnte man es auf den Punkt bringen. Denn in Jesus wohnt Gott. Oder anders: In Jesus wohnt Gott bei den Menschen.
Und das hat Zachäus begriffen. Gott ist da und das verändert das Leben des Zachäus: „Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemand betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.“ Wo Gott wohnt, da verändert sich das Leben der Menschen – es verändert sich zum Guten.
Da kehren Menschen um, sie ändern die Richtung. Sie versuchen gut zu machen, was falsch gelaufen ist.
Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die kleine Geschichte vom Anfang und der Frage an den weisen Rabbi, wo denn Gott wohne. Nach einer anderen Version der Geschichte hat der weise Rabbi geantwortet: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt!“  Und ich denke, das ist die beste Antwort!
Gott wohnt, wo man ihn einlässt. Gott wohnt nicht deshalb hier in diesem Gotteshaus, weil Menschen es so genannt, so bestimmt  haben. Weil es hier einen Altar gibt, eine Kanzel, eine Orgel. Gott wohnt in diesem Gotteshaus, weil, wenn und insofern seiner Gegenwart hier Raum gegeben wird. Wenn Menschen hier nach ihm fragen und suchen, wenn hier Gottes Wort gepredigt wird, wenn hier Menschen in seinem Namen getauft und Ehen eingesegnet werden. Wenn hier Brot und Wein im Heiligen Abendmahl geteilt werden. Gott wohnt in diesem Gotteshaus dann, wenn Menschen hier ihre Herzen für ihn öffnen. Wenn sie darum bitten: Herr komm auch zu mir, kehre bei mir ein.
Unser Herz und unser Leben, unser Leib und unsere Seele, sie sollen Gottes Wohnung sein.
Gott wohnt, wo man ihn einlässt – lassen wir ihn doch ein! Bitten wir ihn um seine Gegenwart.

AMEN
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