Gottesdienste im Juli/August 2021


 

Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den 9. Sonntag nach Trinitatis, 01. August 2021
Pfarrer Jochen Maier

 
Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte: Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen;
und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern." Lk 12,48
Predigttext: Matthäus 7,24-27 

 

Liebe Gemeinde,
 
was uns da heute als Predigtwort aufgegeben ist, das hat eine geradezu erschreckende Aktualität. Es ist das Ende der Bergpredigt Jesu, das Wort vom Haus, das auf Fels gebaut ist.
Jesus Christus spricht: „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.
Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.
Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.“
Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte, dass sich das Volk entsetzte über seine Lehre; denn er lehrte sie mit Vollmacht und nicht wie ihre Schriftgelehrten. AMEN


Liebe Gemeinde, wem kommen bei diesen Worten nicht die Bilder der Flutkatastrophe vor wenigen Wochen in den Sinn? Und da waren es eben nicht nur „Häuser auf Sand gebaut“, die da weggeschwemmt wurden, sondern solide, gut gegründete Bauwerke, die von reißenden Wassermassen unterhöhlt und weggespült wurden.

Viel zu viele verloren ihr Leben, Menschen stehen vor dem Nichts und wohl am Schlimmsten: wissen nicht, wo ihre Angehörigen geblieben sind, irgendwo mitgerissen vom Wasser, überdeckt von Schlamm und Geröll.
Einfach furchtbar.
Jesus vergleicht unser Leben mit einem Haus. Stein um Stein wird aufeinandergesetzt und keines gleicht dem anderen. Ein Haus mit verschiedenen Räumen, verschiedene Lebensbereiche, in denen wir unser Leben gestalten: Beruf, Familie, Partnerschaft, Hobbies, Begabungen, Interessen –jeder von uns hat sein je eigenes Lebenshaus und die Räume sind unterschiedlich gestaltet.
Nun geht es Jesus nicht um die Zimmerverteilung, um die Ausgestaltung der Räume, welches Zimmer wie gestrichen wird. Es geht ihm auch nicht um die Außenanlage. Sondern es geht im einzig und allein um die Frage: Worauf gründet dieses Haus? Wovon wird es getragen? Wie sieht es mit dem Fundament aus? Hat es Bestand?
Steht es unten am im Tal, wo die Wassermassen es unterhöhlen und wegspülen können auch wenn es noch so solide und fest gebaut ist oder steht es oben sicher auf dem Felsen?
Wir Menschen sorgen für vieles vor, wenn wir unser Lebenshaus bauen. Wir haben eine Kranken- und eine Rentenversicherung und meist noch eine ganze Reihe weiterer Versicherungen. Wir legen was auf die hohe Kante für Notfälle und sind gerade in diesen Corona-Zeiten dankbar, dass unser Land beachtliche finanzielle Reserven hat. Es gibt ein gutes Gefühl im Leben, wenn man vorgesorgt hat.
Aber die Jahre vergehen und es zeigt sich, dass auch das solideste Lebenshaus irgendwann Risse bekommt. Und dann versucht man zu reparieren. Der eine färbt sich die Haare, der andere macht eine Diät. Manche nehmen “Anti-Aging-Pillen“, Pillen gegen Altern und wieder andere melden sich im Fitnessstudio an. Aber irgendwann kommt die große Sturzflut. Manchmal kommt sie ganz plötzlich, aber meistens mit längerer Vorankündigung. Und schließlich klopft der Tod an die Tür des Hauses. Die aufgeschreckte Seele sucht Schutz, verkriecht sich in die Ecke und versucht tapfer, nicht daran zu denken, dass irgendwann das Ende kommt. Der reißende Strom der Ewigkeit macht allerdings vor keinem Lebenshaus Halt.
Zugegeben: Was Jesus uns da zumutet, das ist keine leichte Kost. Das sind harte Worte und das klingt sehr unbarmherzig. Wer lässt sich den eigenen Lebensentwurf schon gerne in Frage stellen? Warnungen und Mahnungen sind nicht unbedingt beliebt, aber sie können lebenswichtig sein. Jesu Worte sind nicht lieblos, sondern im Gegenteil: Er will uns davor warnen, im Leben auf falsche Sicherheiten zu bauen. Jesus sagt: Wer Gott vertraut, hat auf keinen Sand gebaut. Der hat ein festes Fundament – im Leben und im Sterben.

Es ist ja doch so, dass dann, wenn es ernst wird, dass dann manche Fassade bröckelt und zusammenbricht und zum Vorschein kommt, dass manches, was nach außen prächtig erscheint, sprichwörtlich in den Sand gesetzt ist.
Wie aber geschieht das, was Jesus da rät, nämlich sein Lebenshaus auf Fels zu gründen?
Bevor Jesus dieses Gleichnis vom Haus auf dem Felsen erzählte, hat er die Bergpredigt gehalten. Viele hatten ihm zugehört, sehr viele, aber das war es dann auch gewesen. Manch einer hatte zustimmend genickt und war dann weitergezogen.
Jesus sagt: Das reicht nicht! Nur zuhören und abnicken ist nicht genug. Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Zum Hören muss das Handeln kommen, sonst bleibt der Glaube leer und hat keine Substanz.
Sonst ist es so, wie wenn ich mir von einem Stadtführer bei einer Besichtigung die Sehenswürdigkeiten eines Ortes zeigen lassen. Ich höre zu, schaue mir das alles an, ich staune, finde es vielleicht auch interessant und sehenswert – aber für meinen Alltag, für das tägliche Leben hat das eigentlich keine Bedeutung. Da mache ich weiter wie zuvor.
Beim Hausbau aber kommt es darauf an, dass das Bauwerk gut mit dem Fundament verbunden ist. Beim Lebenshaus kommt es auf die Verbindung zu Gott an. Wenn wir diese Verbindung, die Gott längst schon gestiftet hat, wenn wir die pflegen und aufrechterhalten, wenn wir seine Worte hören und auch wirklich versuchen, danach zu leben, das auch umzusetzen, dann handeln wir klug und weise. Selbst wenn dunkle Wolken aufziehen und das Unwetter sich über uns ergießt. Selbst wenn die Welt verrückt spielt und durchdreht, wird die Verbindung vom Haus zum Fundament halten. Sicher kann manches ins Wanken kommen, wenn sich die Stürme des Lebens sich über uns ausbreiten und niedergehen. Davor bleibt keiner verschont. Aber um es mit den Worten des Liederdichters zu sagen: „Wer Gott, dem Allerhöchsten traut, der hat auf keinen Sand gebaut.“ Der hat einen festen Halt in allen Stürmen des Lebens. Und diesen Halt wünsche ich uns allen.
So sei es.


AMEN
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den 7.Sonntag nach Trinitatis, 18. Juli 2021
Pfarrer Jochen Maier

 
Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte: Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch: "So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge,
sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen." Eph 2,19
Predigttext: 1.Könige 17,1-16


 
Liebe Gemeinde,
 
aus dem islamischen Sufismus stammt die schöne Geschichte von den drei Reisenden, die eine lange und anstrengende Reise miteinander unternahmen. Eines Tages stellten sie fest, dass sie nur noch ein kleines Stück Brot hatten und einen letzten Schluck Wasser in der Feldflache. Da begann der Streit, wer das denn nun bekommen sollte und als sie keine Lösung fanden, da einigten sie sich darauf, dass derjenige am anderen Morgen die letzten Vorräte bekommen sollte, der den bemerkenswertesten Traum hatte in dieser Nacht.
So standen sie dann mit Sonnenaufgang auf und der erste erzählte voller Begeisterung: „Also ich wurde im Traum fortgetragen an einen wunderschönen Ort. Und dort habe ich einen weisen Mann getroffen der mir sagte: Du sollst die Vorräte bekommen denn du bist der Wichtigste!“
Darauf der zweite Reisende: „Nun ja, auch ich habe im Traum einen weisen Mann getroffen und der sagte zu mir: Dir steht das Essen mehr zu als deinen Freunden, denn du bist erfahrener und geduldiger als sie. Du musst gut ernährt sein, denn es ist deine Bestimmung, Menschen zu führen.“
Dann war der Dritte an der Reihe: „Ich habe im Traum nichts gehört und nichts gesehen. Aber ich fühlte den Zwang in mir, aufzustehen und das Brot und das Wasser zu nehmen – und das habe ich auch getan.“

Ja so war das in dieser kleinen Geschichte. Nun kann man natürlich streiten, ob das richtig war, was dieser Mann tat. Jedenfalls waren die Vorräte weg.
In der Geschichte, die uns heute als Predigtwort aufgegeben ist, da geht es auch um Vorräte, um große Not und darum, wie Menschen darin bewahrt werden. Es geht um eine Frau und einen Mann. Von der Frau wissen wir, dass sie verwitwet ist und einen kleinen Sohn hat. „Witwen und Waisen“ gehören in der Bibel zu denen, die am meisten Hilfe nötig haben, sie stehen stellvertretend für die Schwachen und Hilfsbedürftigen einer Gesellschaft – es gab ja damals noch kein Sozialsystem im heutigen Sinne, keine Rentenkasse, nichts. Witwen und Waisen war völlig auf die Unterstützung anderer angewiesen.
Die andere Hauptperson ist einer der größten Propheten des Alten Bundes. Fromme Juden erwarten seine Wiederkunft am Ende der Zeit bis heute. Einer der Großen der Bibel und ein Großer des Glaubens.
Elia heißt er und sein Name ist Programm, denn das bedeutet „Mein Gott ist Jahwe“ oder anders übersetzt: „Der Herr ist mein Gott“.

Hören wir zunächst 1.Könige 17,1:
Und es sprach Elia, der Tischbiter, aus Tischbe in Gilead zu Ahab: So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn.

König Ahab ist der Inbegriff eines ungerechten, machhungrigen und menschenverachtenden Königs. Er wirtschaftet in die eigenen Taschen und mit seiner Frau Isebel hat heidnische Götzenverehrung Einzug gehalten im Land.
Als einer der Wenigen hat der Prophet Elia dem König die Stirn geboten und das Unrecht beim Namen genannt. Wie gut, dass es auch heute mutige Menschen gibt, die sich ungerechten Machthabern tapfer entgegen stellen. Der Kremelkritiker Nawalny kommt mir in den Sinn oder die Menschen, die in Weißrussland oder Hongkong auf die Straße gehen.
So hat Elia damals seine Stimme erhoben. Aber so wie heute auch, war das für Elia damals lebensgefährlich.
Er brauchte Schutz. Hören wir, wie es weitergeht:
Da kam das Wort des HERRN zu ihm:
Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krit, der zum Jordan fließt.
Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben geboten, dass sie dich dort versorgen sollen.
Er aber ging hin und tat nach dem Wort des HERRN und setzte sich nieder am Bach Krit, der zum Jordan fließt.
Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach.
Und es geschah nach einiger Zeit, dass der Bach vertrocknete; denn es war kein Regen im Lande.


Elia hat den Mut, dem König die Meinung zu sagen und er hat das Vertrauen, dass Gott ihn schützen und versorgen würde. Als Gott ihn auffordert, sich am Bach Krit zu verstecken und von Raben versorgen zu lassen, da zögert er keinen Augenblick – obwohl er allen Grund dazu hätte. Denn dieser Bach speiste sich vom Regen und was, wenn der Regen nun ausbliebe? Und Raben sind für fromme Juden unreine und zudem gefräßige und diebische Vögel.
Also alles andere, als vertrauensvolle Versorger.
Elia weiß: Das Leben am Bach ist keine Dauerlösung, aber das ist der nächste Schritt und manchmal ist das so im Leben: Da bin ich schon froh, wenn ich weiß, wie es morgen weitergehen kann und wage noch gar nicht an übermorgen zu denken. Da ist es gut, Schritt für Schritt zu gehen und sich nicht verunsichern zu lassen von dem, was noch alles kommen kann.
So sitzt Elia am Bach Krit und sieht zu, wie der Wasserspiegel sinkt, bis nur noch eine Schlammpfütze übrig ist. Aber dann, erst dann kommt die nächste Anweisung. Erst dann kommt der nächste Schritt:
Da kam das Wort des HERRN zu ihm:
Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dass sie dich versorge.
Und er machte sich auf und ging nach Sarepta. Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu und sprach: Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke!
Und als sie hinging zu holen, rief er ihr nach und sprach: Bringe mir auch einen Bissen Brot mit!
Sie sprach: So wahr der HERR, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will's mir und meinem Sohn zubereiten, dass wir essen - und sterben.


Jetzt wird’s richtig dramatisch. Da sehen wir eine Mutter, die am Ende ist. Sie trägt ein paar Holzstücke für ein Feuer zusammen und mit dem Rest an Mehl und Öl will sie ein letztes Brot für ihren Sohn und sich backen. Und ausgerechnet jetzt kommt da so ein Fremder, so ein Flüchtling daher und will, dass sie das Wenige, das sie hat, auch noch mit ihm teilt.
Was für eine Zumutung.
Aber diese Witwe tut es. Sie teilt das wenige, das sie hat. Sie vertraut Gott und gehorcht.
Hören wir den Schluss der Geschichte:
Elia sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Geh hin und mach's, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir's heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen.
Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der HERR regnen lassen wird auf Erden.
Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag.
Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des HERRN, das er geredet hatte durch Elia.
AMEN

Gott hält die Zusage, die er der Witwe durch Elia gegeben hat, ein. Das Mehl im Topf und das Öl im Krug gehen nicht aus.
Diese Frau lebt aus dem Vertrauen heraus. Sie kann keine Vorräte anlegen, kann nichts auf die hohe Kante tun, aber sie ist jeden Tag versorgt.
Sie lebt völlig ohne Sicherheiten, aber sie lebt in der Gewissheit, in Gottes Hand zu stehen.
Ich muss zugeben: Ich bewundere diese Frau und ich bewundere Elia. Ich weiß nicht, ob ich so leben könnte. Ich bewundere das Gottvertrauen dieser beiden, ihre Zuversicht. Vertrauen, das ist der rote Faden, der sich durch diese Geschichte hindurchzieht.
Diese beiden so unterschiedlichen Menschen, der Prophet und die Witwe, sie lassen sich von Gott führen. Sie haben keinerlei Garantien, dass auch morgen noch Mehl im Topf und Öl im Krug sein wird, und Elia weiß auch nicht, wohin der Weg ihn letztendlich noch führen wird.
Aber sie vertrauen darauf, dass Gott da ist und es gut mit ihnen meint und ihnen die nächsten Schritte zeigen wird.
Und manchmal ist es gut, nicht alles zu wissen, was da alles kommen mag.
Diese beiden vertrauen darauf, dass da ein Weg ist, auch wenn sie sein Ende noch nicht sehen.
„Weiß ich den Weg auch nicht, DU weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist's doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
dass ängstlich schlägt mein Herz,
sei's spät, sei's früh.“  So hat es Hedwig von Redern einst gedichtet und das ist immer noch ein sehr berührendes Wort.
Diesen Glauben, dieses Gottvertrauen, das wünsche ich mir, darum möchte ich beten.
Das kann mir helfen, dann, wenn es mir schlecht geht, nicht den Mut sinken zu lassen. Das kann mir helfen dann, wenn ich in einer Krise stecke, dass ich dann nicht verzweifle.
Ob ich dann diesen Glauben dann haben werde, das weiß ich nicht, aber darum bitten, darauf hoffen und darauf vertrauen, das kann ich und das möchte ich.
In Jesu Namen.

AMEN
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den 6. Sonntag nach Trinitatis, 11. Juli 2021
Pfarrer Jochen Maier

 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte: Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"So spricht der HERR, der dich geschaffen hat,
Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht,
denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem
Namen gerufen; du bist mein!" Jes 43,1
Predigttext: Matthäus 28,16-20


 

Liebe Gemeinde,

„Jetzt ist aber Matthäi am Letzten!“ Kennen Sie, kennt Ihr diesen Ausdruck? Wenn es „Matthäi am Letzten“ ist, dann ist es
5 vor 12, dann ist es allerhöchste Zeit, um noch zu retten, was zu retten ist, sonst ist der Ofen endgültig aus.
Wenn wir aber „Matthäi am Letzten“ in der Bibel nachschlagen, dann hört sich das ganz anders an. Da fallen dann keine Türen ins Schloss, sondern da geht’s eigentlich erst richtig los. „Matthäi am Letzten“, der Schluss des Matthäusevangeliums, das ist der sogenannte „Tauf- und Missionsbefehl“ und der ist uns heute als Predigtwort aufgegeben.

Wir hören aus Matthäus 28 die Verse 16-20:
Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.
Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.
Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Liebe Gemeinde, das ist wohl eines der bekanntesten und sicher auch wichtigsten Worte der Bibel. Bei jeder Taufe wird dieses Wort bekannt.

Am vergangenen Sonntag, als wir in Sommerhausen Konfirmation gefeiert haben, da brannten hier auf unserem Taufstein die Taufkerzen der Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie alle waren als kleine Kinder getauft worden – so wie wohl die allermeisten von uns auch. Ein Teil von ihnen – so wie viele von uns – hier über diesem Taufstein, der schon so viele Täuflinge all die Jahrhunderte hindurch gesehen hat. Keiner und keine der Konfirmandinnen und Konfirmanden konnte sich an seine Taufe erinnern. Aber das, was Ihnen damals zugesagt wurde, das was uns zugesagt wurde bei unserer Taufe, das galt und gilt nach wie vor: „Jesus Christus spricht: Siehe ich bin bei euch, bin bei dir alle Tage, bis an der Welt Ende!“

Damals, als Jesus ihnen das zugesagt hatte, da waren die 11 Jünger auf Jesus Einladung hin zu ihm gekommen – Judas war ja nicht mehr dabei. Nicht alle waren zuversichtlich und guter Dinge, da heißt es: „Einige aber zweifelten“. Einige zögern, die sind unsicher, denen steckt wohl auch das eigene Versagen noch in den Knochen. Sie erinnern sich daran, wie sie Jesus im Garten Gethsemane ja schmählich im Stich gelassen hatten. Wie sie wegliefen, als es Ernst wurde.
Aber von Jesus kommen keine Vorwürfe, keine Verurteilungen, sondern er beauftragt sie, ausgerechnet sie, die Kleingläubigen, die Verunsicherten. Genau ihnen gibt er den Auftrag: Geht hin! Macht euch auf den Weg! Bewegt Euch!

„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden!“ Sagt der Auferstandene. Macht und Gewalt haben in unseren Ohren einen verdächtigen Klang. Aber wie wohltuend, wie hoffnungsvoll ist es, dass die letzte Macht eben nicht bei den Mächtigen dieser Erde liegt, nicht bei den großen oder kleinen Diktatoren, den Wichtigtuern und den eiskalten Menschenschindern, den skrupellosen machtbesessenen Egoisten sondern bei dem, der den Tod überwunden hat. Wie wohltuend ist es, dass am Ende eben doch nicht das Geld die Welt regiert, sondern dass letztlich eben alle Macht bei dem liegt, der Himmel und Erde geschaffen hat. “Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl!“ so hat es Paul Gerhardt gedichtet in seinem schönen Choral: „Befiehl du deine Wege!“ Und so ist es auch.

Seine Macht ist auch größer, als all die Mächte, die ganz im Verborgenen nach uns und unserem Leben greifen. Die Vorurteile, die festgefahrenen Einstellungen, die scheinbar unüberwindbaren Zwänge, in denen wir leben. Die Macht, die einen dazu zwingt, sich ständig behaupten und beweisen zu müssen oder auch die Macht der Gewohnheit.
Christus sagt: „Ich habe die Macht, an der alles, was sich eurer zu bemächtigen sucht, ein Ende hat und zerbrechen muss.“

Das ist kein billiger Trost, denn das sagt nicht irgendwer, sondern das sagt der auferstandene Herr.
Und er gibt den Seinen den Auftrag: Geht zu den Menschen, geht zu allen Völkern und erzählt ihnen von mir!

Das Christentum ist wie das Judentum eine Erzählreligion. Darum geht es: Die uralten und doch immer aktuellen Geschichten der Bibel weiterzuerzählen, weiterzugeben. Zum eigenen Glauben zu stehen, ihn bekennen an dem Ort, an den ich gestellt bin. Das ist gemeint mit dem Auftrag „Machet zu Jüngern alle Völker!“ Wir müssen nicht wie die Zeugen Jehovas von Tür zu Tür gehen, wir müssen nicht hausieren gehen mit dem Glauben und wir sollen ihn erst recht niemandem aufdrängen – das ist in der Geschichte oft genug falsch verstanden worden. Aber wir sollen unseren Glauben auch erst recht nicht hinter dem Berg halten. Wir dürfen und sollen dazu stehen und ihn bekennen. Unaufdringlich und in aller Bescheidenheit, aber doch klar und deutlich.
Taufet sie und lehre sie – beides gehört zusammen, wie die Taufe und die Konfirmation. Wenn wir Kinder taufen und das tun wir mit großer Freude und Zuversicht, dann haben wir auch die Verantwortung, diesen Kindern etwas über Gott und den Glauben zu erzählen, so dass sie sich ihrer Taufe freuen können, wie Martin Luther das einst tat, der immer wieder „Ich bin getauft!“  mit Kreide auf den Tisch schrieb. Gerade, wenn er sich unsicher war, wenn er gegrübelt und gezweifelt hat. Wenn er sich alleine und verlassen gefühlt hat.

„Ich bin getauft. Ich gehöre zu Gott!“
Jemanden zu taufen, ohne ihn zu lehren, zu unterweisen, das ist so, wie wenn ich jemandem ein Buch schenke und derjenige niemals Lesen lernt.
Als Christenmenschen sind wir immer Lernende, ein Leben lang. Da sind wir nie fertig. Da sind wir immer auf dem Weg, weil alles, was ich erlebe, alles, was mir begegnet, ja auch etwas mit meinem Glauben zu tun hat. Da brauche ich immer wieder das Wort der Bibel, das mich anspricht, das mir Anstoß ist und Hilfe.
„Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Damit endet dieser Ruf Jesu. Nicht von ungefähr steht dieses Wort am Schluss. Ganz bewusst und ganz deutlich. Ich bin bei dir in den frohen und glücklichen Stunden, sagt Jesus, und ich bin bei dir, wenn das Wasser mal bis zum Halse steht. Ich bin bei dir, wenn du arbeitest und wenn du dich ausruhst. Ich bin bei dir im Alltag und im Urlaub. Ich bin bei dir, bei euch, wenn ihr Gottesdienst feiert, wenn ihr in meinem Namen beisammen seid und ich bin in besonderer Weise bei euch, wenn ihr das Heilige Abendmahl feiert und Brot und Wein miteinander teilt.

„Ich bin bei dir!“ das steht Matthäi am Letzten. Das ist seine große Zusage. Egal wie es um dich steht. Egal was dich umtreibt und beschäftigt. Da ist einer, der dein Leben in Händen hält.
Gott sei Dank!
Christus spricht: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
So sei es.

AMEN

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