Gottesdienste im Februar 2021


 

 

Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den Sonntag Reminiszere, 28. Februar 2021
Pfarrerin Irene Maier


 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
 Wochenspruch:
"Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist,
als wir noch Sünder waren." Röm 5,8
 
Predigtwort: Jesaja 5, 1-7  (Reihe nF III)

 

Liebe Gemeinde,

an meine ersten Stunden im Religionsunterricht kann ich mich noch ganz gut erinnern. Es war in meiner Vikariatszeit als ich vor allem in der Grundschule eingesetzt war. Ich hab‘ mich damals immer sehr bemüht, meine Schüler*innen zu loben, das Positive zu verstärken bis mich eine Lehrerin darauf hingewiesen hat und sagte: „Die Schüler brauchen auch Kritik um weiterzukommen, Sie dürfen und sollten das auch deutlich sagen!“
Ich hab‘ mir das zu Herzen genommen. Es ist manchmal wichtig, auch Unbequemes zu sagen, auch wenn es keiner so recht hören will.
Auch das, was Jesaja, der Prophet vor fast 3000 Jahren zu sagen hatte, war oft nicht das, was die Leute hören wollten. Er hat sehr direkt Unrecht angeprangert und aufgedeckt.
Er ist sogar als Sänger aufgetreten mit einem Lied, das die Menschen ins Herz getroffen hat. Um dieses Lied geht es heute.
Stellen Sie sich vor, es war mitten im Getümmel eines Herbstfestes in Jerusalem. Die Leute essen und trinken, sind bei guter Stimmung. Da steht plötzlich Jesaja auf und will ein Lied vortragen. Keiner kam wohl auf die Idee, ihm den Mund zu verbieten.
Also fing Jesaja an, vom Weinberg zu singen. Und wer damals vom Weinberg gesungen hat, der meinte damit die Geliebte. So ist die Spannung unter den Zuhörern noch gestiegen, als Jesaja anfing sein Weinbergslied vorzutragen, dem heutigen Predigtwort:

„Wohlan ich will von meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg.
Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. 2Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben.
Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte, …“



Ein wunderbares Liebeslied, das Jesaja da singt. Voller Hoffnung und Hingabe arbeitet sein Freund an dem Weinberg. Liebevoll gräbt er den Boden um, klaubt die Steine raus und schichtet sie zu einer Mauer auf zum Schutz vor Tieren.
Die Winzer unter uns wissen nur zu gut wieviel Mühe die Arbeit im Weinberg macht, noch schwerer wohl war es damals im kargen Land Israels. Das war harte Knochenarbeit, aber der Freund tut sie gern für seinen Weinberg. Er pflanzt die besten Reben, er pflegt sie aufopfernd in der Hoffnung auf einen guten Ertrag. Er baut sogar einen Wachturm zum Schutz vor Feinden und haut die Kelter in den Felsen. So ist alles bereit für die Ernte.
Jeder, der damals zugehört hat und der das heute hört wird sagen: „Mehr kann man nach menschlichem Ermessen wirklich nicht tun, um eine gute Ernte zu haben!“
Alles Mögliche wurde getan. Mehr geht nicht.
Doch hören wir, wie es weitergeht:

„Der Freund wartete darauf, dass der Weinberg gute Trauben brächte, aber er brachte schlechte.“


Ohne jeden erkennbaren Grund bleibt der Weinberg unfruchtbar, bleibt die liebevolle Arbeit ohne Antwort, scheint die ganze Mühe umsonst. Alles hat doch auf eine gute Ernte hingedeutet und dann so etwas! Wie groß muss die Enttäuschung gewesen sein! Die Zuhörer damals, auch wir können das gut nachfühlen.
Jesaja singt weiter:

„Nun richtet ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte?“


Da spricht auf einmal nicht mehr der Prophet, sondern sein Freund und spätestens jetzt ist klar: Dieser Freund ist Gott, sein Weinberg niemand anderes als sein geliebtes Volk Israel. Den Zuhörern stockt der Atem. Ins Herz getroffen, so werden sie sich gefühlt haben.
Ich kann mir vorstellen, wie ein Stich ins Herz ist jede Frage:
„Was hätte ich denn noch tun sollen?“ fragt Gott. „Ich habe alles für euch getan, habe euch das Leben geschenkt, diese ganz wunderbare Schöpfung. Und was tut ihr? Ihr brecht das Recht, missachtet meine Gebote. Ich höre Hilfeschreie von Menschen, die unterdrückt werden. Das tut weh, das enttäuscht. Warum antwortet ihr denn nicht auf meine Liebe und Treue, die ich euch angeboten habe?“
Sodann zeigt Jesaja in der ganzen Härte auf, was mit dem Weinberg geschieht, der nur schlechte Früchte hervorbringt:

„Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er kahl gefressen werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. 6Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen.“


Knallhart klingen diese Worte, aber doch spürt man aus ihnen auch den ganzen Schmerz und die bittere Enttäuschung.
Es fing alles so verheißungsvoll an. Da war eine große Liebe, die Kraft und Motivation für die Arbeit am Weinberg gegeben hat. Doch nun stellt sich heraus: Alles vergeblich. Bald wird nichts mehr vom Weinberg übrigbleiben. Die Stelle, wo er war, wird zur Viehweide verkommen. Alles umsonst!
Ist das nicht eine Erfahrung, die wir gut nachvollziehen können, die wir auch kennen? Da fängt manches gut an und nimmt ein ähnlich schlimmes Ende wie der Weinberg. Wie viele Beziehungen, die voller Hoffnung begonnen haben verlieren sich im Laufe der Zeit und hinterlassen oftmals ein bitteres Gefühl der Enttäuschung?
Bis jetzt singt dieses Lied nur indirekt von Gott. Aber alle, die zuhören haben inzwischen gemerkt: Ich bin ja selbst Teil dieses Weinbergs und so fasst Jesaja zusammen:

„Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.“


Spätestens jetzt ist die Stimmung gekippt und das Fest auf dem Jesaja aufgetreten ist, war verdorben.
Was Jesaja hier singt ist ein knallhartes und kein heiles Lied.
Kann es aber trotzdem ein heilsames Lied sein? Lohnt es sich auf ein solches Lied zu hören?
So alt es ist, so viel sich auch geändert hat im Laufe der fast 3000 Jahre: Dieses Lied gilt auch uns heute, denn es trifft den Kern unseres Verhältnisses zu Gott. Es spricht so viel Schmerz und Trauer aus diesen Worten, dass dabei klar wird: Gott liegt nichts daran, dass seine Geschöpfe bestraft werden. Er will nicht, dass Menschen zugrunde gehen. Gott leidet mit seinem Volk. Der Weinberg, an dem sein Herz hängt, der so liebevoll gepflegt wird, das sind wir. Und er fordert uns damit auf, diese Pflege, dieses Sich-Mühen in unserem Leben zu entdecken. Wir sollen sehen, wie sehr er uns entgegenkommt und alles tut, dass unser Leben festen Halt bekommt.
Es verletzt und enttäuscht ihn, wenn wir dieses Angebot ausschlagen.

Gottes Geschichte mit seinem Weinberg endet ja nicht so wie es im Lied beschrieben wird. Gott hat seine Liebesmühe fortgesetzt. Sie galt und gilt nicht nur seinem Volk, sondern uns allen. Der Weinberg bleibt verschont, weil Jesus all den Schmerz, all die Enttäuschungen trägt und aushält. Am Kreuz nimmt Gott auf sich, was zur Zerstörung des Weinbergs hätte führen sollen. Er leidet selber an den Ungerechtigkeiten dieser Welt. Er leidet darunter, dass Menschen es oft nicht schaffen, in Frieden miteinander zu leben, einander zu achten und mit Respekt zu begegnen. Er leidet auch, wenn Menschen benachteiligt oder ausgegrenzt werden.
Im Weinbergslied singt einer, der zutiefst enttäuscht wurde und das den anderen wie in einem Spiegel vorhalten muss.
Auch wenn es ein hartes Lied ist und Jesaja bestimmt lieber von angenehmeren, löblichen Dingen gesungen hätte, es ist heilsam auf ein solches Lied zu hören. Es ist gut, weil es uns einen Einblick gibt in Gottes weites Herz und uns zeigt, wie sehr er mit und an uns leidet.

Gottes Liebe zu uns kann enttäuscht werden, doch er gibt uns nicht auf. Er tut auch heute alles, um uns für seine Liebe zu gewinnen. In Jesus ist sie auf wunderbare Weise sichtbar geworden. Sie verlangt von uns lediglich, dass wir uns beschenken lassen und seine Liebe auch weitergeben.
Denn Gottes Herz hängt an uns, so wie Jesaja gesungen hat.

Amen
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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den Sonntag Invokavit, 21. Februar 2021
Pfarrer Jochen Maier


 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre."
1. Joh 3,8b
Predigtwort: Johannes 13,21-30

 
Liebe Gemeinde,

die meisten von uns waren wahrscheinlich schon einmal in Rothenburg und manche haben sich da sicherlich auch in der Jakobskirche den Heilig-Blut-Altar angeschaut. Eine beeindruckende Schnitzarbeit von Tilmann Riemenschneider. Da sitzt und steht eine muntere Gruppe von Männern um einen länglichen Tisch. Aber die Speisen, die darauf zu sehen sind, interessieren nicht. Die Männer wirken erschrocken. Einer hält schützende die Arme vor der Brust, ein anderer hält sie fragend hoch. Man kann die Aufregung förmlich spüren. Den Gestalten steckt der Schrecken in den Gliedern.
Was Tilmann Riemenschneider da kunstvoll in Lindenholz geschnitzt hat, ist genau die Szene, aus dem Johannesevangelium, die uns heute als Predigtwort aufgegeben ist:
Als Jesus das gesagt hatte, wurde er erregt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete.
Es war aber einer unter seinen Jüngern, der zu Tische lag an der Brust Jesu, den hatte Jesus lieb.
Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete.
Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist's?
Jesus antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.
Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald!
Niemand am Tisch aber wusste, wozu er ihm das sagte.
Denn einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!, oder dass er den Armen etwas geben sollte.
Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.
„Und es war Nacht“. Damit endet diese Geschichte. Es ist die Nacht der Enttäuschung, die Nacht des Verrats. Enttäuscht zu werden ist bitter. „Das habe ich nicht von dir erwartet!“ - „Ich bin so enttäuscht von dir!“ Wo solche Sätze fallen, da ist etwas in die Brüche gegangen, was nicht mehr so ohne weiteres geheilt werden kann. Da wird ein Mensch von jemandem enttäuscht der ihm nahesteht und den er bisher sehr geschätzt hat – vielleicht ein Verwandter, ein Freund, oder sogar der Ehepartner. Eine Bekannte aus Dresden hat mir mal erzählt, wie es war, als sie nach dem Mauerfall herausbekam, dass ein guter Freund dort in der Jungen Gemeinde als Stasi-Spitzel aktiv war. Sie war maßlos enttäuscht von diesem Menschen, fühlte sich verraten und verkauft.
Auch hier in unserem Predigtwort geht es um Verrat und die Jünger fragen erschrocken: Bin ich’s?
Judas der Verräter. Er ist nach Petrus wohl der bekannteste des Zwölferkreises um Jesus. Eine tragische Berühmtheit, sein Name ist sozusagen zum Synonym geworden für den Verrat und ich möchte ihn fragen: Warum? Warum hast du das getan? Da geht ihr als Freunde und Weggefährten miteinander durch dick und dünn. Ihr haltet Anfeindungen aus, werdet zusammen bejubelt, diskutiert und feiert zusammen und dann das. Du lieferst Jesus aus an seine und deine größten Gegner!
Der Evangelist schreibt, der Teufel sei in Judas gefahren. Diabolos – der Durcheinanderwerfer, derjenige, der Zerwürfnis stiftet. Das kommt vom griechischen Wort diaballein – durcheinander bringen, entzweien. Diabolos, das ist die Macht des Verführers, das, was uns in Versuchung führt.
Auch Jesus ist versucht worden, das ist nur menschlich. Vor der Versuchung, sagte Martin Luther einmal, da kannst du dich so wenig schützen wir davor, dass Vögel über deinem Kopf kreisen. Aber sie müssen ja nicht gleich ein Nest in deinen Haaren bauen!
Bei Judas ist alles durcheinander geraten. Warum er Jesus verraten hat bleibt letztlich offen. Ihn, den er doch einmal so bewundert hatte, dem er doch nachgefolgt war? Für den er alles stehen und liegen ließ!
Vielleicht war er von Jesus enttäuscht. Vielleicht hatte er sich von ihm etwas anderes erwartet, schnelle Hilfe für sein Volk, rasche Befreiung vom harten Joch der römischen Besatzung?
Vielleicht war es auch die Gier, die ihn angetrieben hat, die Gier nach Geld, vielleicht waren es die 30 Silberlinge, die ihn gelockt haben. Er war ja der Schatzmeister der Gruppe und schon als Maria Jesu Füße mit teurem Öl salbte, hat Judas geschimpft, man hätte das kostbare Öl besser zu Geld gemacht.
Welche Motive Judas letztlich geritten haben, das bleibt unklar. In seinem Roman „Der Fall Judas“ hat Walter Jens einst eine flammende Verteidigungsrede für Judas entworfen.
Aber es bleibt der Verrat. Es bleibt die Enttäuschung.
Bisher waren wir nur interessierte und neugierige Zuschauer, Wir haben uns die Geschichte angeschaut, wie jemand, der am Sonntagabend aus dem Sofa den Tatort im Ersten anschaut. Wir rätseln mit den Kommissaren über die Motive, die Hintergründe. Wir schauen miteinander in menschliche Abgründe.
Aber das Problem ist das: Wir sind in dieser Geschichte eben nicht nur Zuschauer, sondern wir stecken mitten drin. Das hat schon Tilman Riemenschneider so gesehen: In seinem Heilig-Blut-Altar, da nämlich steht nicht Jesus in der Mitte wie sonst auf fast allen Abendmahlsdarstellungen – sondern Judas. Judas steht dort, wo wir stehen. Wir sind Judas.
Auch wir sind vor der Versuchung nicht gefeit.
Welche fiesen und hinterhältigen Stimmen verführen uns? Die fiese Stimme der Schlange bei Adam und Eva im Paradies: Probiers doch mal aus! Gott will euch was vorenthalten! Einmal ist keinmal….
Oder die hinterlistigen Fragen und Botschaften aus unserem Inneren: Muss man das wirklich so eng sehen? Könnte das nicht auch ganz anders gemeint sein? Das tun doch alle? So eine kleine Schummelei bei der Steuererklärung, bei der Versicherungsmeldung. Das machen doch alle….
Da ist die Angst, zu kurz zu kommen, die Gier nach mehr, der Neid, das ständige Vergleichen mit anderen.
Aber wie können wir uns wappnen gegen solche Stimmen?
Es geht darum, hellhörig zu sein und aufmerksam. Es geht darum, auf Versuchungen und Täuschungen gefasst zu sein. Das brauchen wir im Alltag, wenn uns jemand mit einer E-Mail oder per Post falsche Gewinnversprechungen macht oder die Dame am Telefon verkündet: Sie haben gewonnen! Das brauchen wir, wenn jemand uns anruft und sich als Enkelkind oder Neffe ausgibt und dringend Geld braucht.
Das brauchen wir aber auch und erst recht im geistlichen Leben: Gute und lebensfördernde Stimmen unterscheiden lernen von den bösen und lebensfeindlichen, die von Gott abbringen wollen.
Wie das geht?
Indem wir Jesu Beispiel folgen. In der Wüste hat er den fiesen Fragen des Versuchers allein durch Gottvertrauen widerstanden. „Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.“ Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.
Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ, dass uns hinfort nicht schade des bösen Feindes List.
Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott;
Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

AMEN

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Gottesdienst
der evang.-luth. Kirchengemeinde Sommerhausen-Eibelstadt
für den Sonntag Sexagesimae, 7. Februar 2021
Pfarrerin Irene Maier

 

Kirche St. Bartholomäus Sommerhausen
Bildrechte Pfarrgemeinde Sommerhausen/Eibelstadt
Wochenspruch:
"Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht."  Hebr 3,15
Predigtwort: Lukas 8,4-8

 
Liebe Gemeinde,

was Jesus uns da heute erzählt, das ist eine richtige Mutmachgeschichte. Eine Geschichte, die jeder verstehen kann. Er muss nur zuhören und mitdenken. Jesus hat so gesprochen, dass es die Leute es auch verstanden haben.
 „Sie kamen aus den Städten“, heißt es da, und doch dürfen wir uns dabei keine Großstädter wie aus Würzburg vorstellen. Es waren Menschen vom Land, vor allem Bauern, Landarbeiter und Landarbeiterinnen, die da kamen, Fischer vielleicht noch. Und darum nimmt Jesus seine Bilder und Vergleiche auch aus der Natur, aus der Welt, die die Menschen kannten und die ihnen vertraut war: Er spricht vom Weinstock und vom Feigenbaum, von den Lilien auf dem Feld und von den Vögeln unter dem Himmel, vom verlorenen Schaf oder – so wie hier – von Säen und Ernten.
Seine Worte riechen nach Erde, nach dem Wind, der morgens über den Acker weht und nach dem beginnenden Frühling – auch wenn es bei uns wohl noch eine ganze Weile dauert!
„Ein Sämann ging aus, zu säen seinen Samen. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfache Frucht.“
Hundertfache Frucht – das hört sich für uns gar nicht so berauschend viel an, wenn zuvor auch von großen Ausfällen gesprochen wird. In unseren Breiten sind wir es gewöhnt, dass auch in schlechten Jahren immer einiges wächst. Aber für die Menschen damals im kargen Bergland Palästinas war das alles andere als selbstverständlich. Wir kennen ja die Bilder von Israel aus dem Fernsehen und einige waren vielleicht auch schon mal dort – das ist mit den guten Gau-Böden hierzulande nicht zu vergleichen. Dort sind die Äcker steinig und karg. Der Bauer weiß: Längst nicht alles wird aufgehen und Frucht bringen.
Und so geht‘s uns ja auch bei unseren Aufgaben.
Auch da gelingt längst nicht alles! Manches klappt und wird gut, aber vieles bleibt auch auf der Strecke. Und das kann einen schon frustrieren, wenn die Arbeit sinnlos scheint und sich nichts ändert. Wenn man sich für eine Sache einsetzt und dann am Ende nichts dabei herauskommt.
Aber genau gegen diesen Frust und gegen diese Lähmung erzählt Jesus sein Gleichnis von der göttlichen Saat und dem unterschiedlichen Ackerfeld. Die gute Saat, das ist Gottes guter Geist. Und der wird oft genug behindert und erstickt von ganz anderen Geistern. Aber die gute Saat fällt doch auch auf fruchtbaren Boden. Sie findet immer wieder in unseren Herzen auch ein Fleckchen guter Erde. Und da geht sie auf, wächst, reift und bringt vielfältig Frucht. Das ist die zentrale Botschaft Jesu.

Lasst uns nun drei Dinge genauer betrachten:
    1.) Was uns mutlos macht
    2.) Was Gott aussät
    3.) Wie der fruchtbare Boden bearbeitet und gepflegt wird.

Zum ersten Punkt: Was uns mutlos macht.
Manchmal haben wir das Gefühl, dass sich die Menschen nicht ändern. Dass sie nichts lernen aus den Erfahrungen und Katastrophen der Vergangenheit. Das kann ganz schön frustrieren. Dass Menschen immer wieder die gleichen Fehler machen wie die Generationen vor ihnen. Da gibt es auch heute wieder Leute, die rechtsradikale Parolen grölen obwohl die Geschichte uns doch lehrt, wohin das geführt hat. Da werden auch heute noch Kriege geführt und die Natur ausgebeutet.
Menschen sind rücksichtslos, nur auf ihren Vorteil bedacht. Das kann einen schon verzweifeln lassen. Auch Jesus hat sich da keine Illusionen gemacht. Ja, so sind die Menschen. Sie sind nicht edel, hilfreich und gut.
Dennoch bleibt Gott den Menschen zugewandt, er schenkt ihnen sein Liebstes, schickt seinen Sohn, der mit seinem Geist erfüllt ist. Und dieser Geist Gottes widerspricht aller Härte und Gewalt, er erweist sich als Triebfeder für Gnade und Barmherzigkeit.
Daher lautet Jesu Botschaft: Ja, es ist wahr, vieles von Gottes guter Saat geht verloren, wird überwuchert von Sorgen, Neid und Gier. Sie wird von so mancher menschlichen Härte und Rücksichtslosikeit zertreten. Aber bei weitem nicht alles! Eine ganze Menge von dieser guten Saat fällt auch auf fruchtbaren Boden im Herzen vieler Menschen. Und dort wächst sie heran, wird reif und bringt vielfältig Frucht. Und das gibt Hoffnung.

Zum Zweiten: Was wird denn da von Gott überhaupt ausgesät?
Es wird ja sehr viel ausgesät und verbreitet, jeden Tag. Viel wertloses und untaugliches Saatgut. Wie viel seichtes Zeug wird gerade auch in Corona-Zeiten in die Welt gesät. Es wird übers Fernsehen, verbreitet übers Internet, Zeitungen und soziale Medien und die sogenannten „sozialen“ Medien sind da manchmal ziemlich unsozial!
Was Gott aussät, das ist wertvolle Saat. Das ist sein gutes Wort geprägt von seinem Geist. Paulus beschreibt im Galaterbrief (Gal 5,22) welche Frucht dabei heranwächst: Er schreibt von Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut Keuschheit. Und ich glaube, wenn wir uns umschauen in unserem Umfeld, dann werden wir ganz viele Beispiele entdecken, Beispiele dafür, dass diese gute Saat wunderbare Frucht bringt.
Im Magazin der süddeutschen Zeitung war vor einigen Tagen ein ganz wunderbares Beispiel zu lesen. Da kümmert sich ein ganzes Dorf um einen älteren Mann, der es selbst nicht kann. Er ist geistig behindert. Nach dem Tod des Vaters hätte er eigentlich in ein Heim umziehen müssen, weil es keine näheren Verwandten mehr gab. Aber das wollte er absolut nicht und jetzt kümmern sich die Nachbarn gemeinsam um ihn. Er macht täglich längere Spaziergänge und trägt dabei immer ein Handy um den Hals. Telefonieren kann er damit nicht, aber man kann ihn per GPS finden, wenn er sich verlaufen hat. Und das klappt. Er lebt daheim in seinem Elternhaus, hat eine Betreuerin, die sich um die Finanzen und den Schriftkram kümmert und er ist zufrieden.
„Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht.“ Ich bin mir sicher, dass jeder von uns viele Beispiele ergänzen könnte.

Als dritten Punkt schauen wir auf den Boden. Es hilft uns nicht weiter, wenn wir immer nur über die Felsen klagen. Hartherzigkeit schlummert manchmal auch in uns.  Es geht auch nicht um die Dornen und Disteln, die die guten Pflanzen ersticken, also die Sorgen und die Gier nach immer mehr. Nein.
Es geht um den guten Boden. Auch der gute Boden will gepflegt werden. Wer den guten Boden seines Lebens nicht verwildern und verwahrlosen lässt, wer ihn nicht versteinern lässt, der kann dazu beitragen. Er kann ihn pflegen und düngen. Es ist wie bei einem Musiker: Ein großer Pianist hat in einem Interview erzählt: „Wenn ich einen Tag nicht übe, dann merke ich das selbst, wenn ich zwei Tage nicht übe, dann merken es die Musikkritiker und wenn ich drei Tage nicht übe, dann merkt es das Publikum.“
Und so ist es auch mit dem Glauben, auch der verdorrt, wenn er nicht gepflegt wird. Der gute Boden verwahrlost, wenn er nicht gepflegt wird. Aber wie geht das? Ich glaube, dass der große Erfahrungsschatz unserer Kirche da viele Anregungen bereithält: Da sind zum Beispiel Auszeiten, in denen sich der Boden erholen kann. Da ist natürlich der Sonntag mit dem Gottesdienst, der hoffentlich gut tut und Nahrung gibt für die Seele. Da sind die Losungen, das Gebet. Da ist aber auch die Musik und die Kunst. Es kommen immer wieder Menschen in unsere Kirche die eine Kerze anzünden, eine Bitte ins Gebetbuch schreiben und vielleicht noch eine Spruchkarte mitnehmen. Jetzt im Februar weniger, aber wenn die Radfahrsaison wieder losgeht und vielleicht auch mal wieder die Coronabeschränkungen gelockert werden, dann sind es wieder mehr. Da gibt es ein großes Bedürfnis nach Tankstellen für die Seele.
Jesus erzählt dieses Gleichnis denen, die ihm zuhören. Er redet zu denen, die manchmal mutlos sind. Und seine Botschaft lautet: Lasst euch nicht lähmen von dem, was euch mutlos machen will. Schaut auf das, was Gott begonnen hat und weiter tut. Er streut die Saat seines guten Geistes auch weiter großzügig aus und sie fällt immer wieder auch auf fruchtbaren Boden. Und dort wächst sie heran und reift und bringt vielfältige Frucht.
Es wächst und lässt sich weder durch das Corona-Virus noch durch irgend etwas anderes verhindern und aufhalten. Das Reich Gottes wächst mitten unter uns.
Da werden Egoismus und Rücksichtslosigkeit unterbrochen.
Ja manchmal wachsen sogar auf harten Böden plötzlich neue Pflanzen. Es ist so ein bisschen wie im Frühling. Jetzt im Februar sehen wir noch nichts, aber wir wissen, neues Leben wird kommen. Noch ist vom Keimen gar keine Spur, aber innendrin beginnt schon das Wachsen. Die Tage werden länger und die Sonne kommt wieder.

Amen

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